Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(11): 660
DOI: 10.1055/s-0043-117643
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dreher J. Psychopharmakotherapie griffbereit: Medikamente, psychoaktive Genussmittel und Drogen – griffbereit

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Publication Date:
22 November 2017 (online)

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Obwohl echte Innovationen in der Psychopharmakotherapie selten sind, bleibt das Gebiet weiter umfangreich und teils auch für Experten schwer zu durchschauen. Der „Benkert-Hippius“ ist die Großmutter der Kitteltaschenbücher für die Psychopharmakologie und nicht mehr wegzudenken. Es ist schön, dass es hierzu inzwischen weitere Alternativen gibt. So ist zu erklären, dass durch den Erfolg der Erstauflage 2014 und der 2. Auflage von 2016 die „Psychopharmakotherapie griffbereit“ aus dem Schattauer-Verlag in Stuttgart in diesem Jahr bereits die 3. Auflage vorgelegt wird. Der Autor ist weiter Dr. med. Jan Dreher, erfahrener „Allroundpsychiater“, der seit 2015 Chefarzt der nervenärztlichen Klinik Königshof in Krefeld ist. Das kompakte Taschenbuch, das etwas kompakter als der „Benkert-Hippius“ ist, passt weiterhin noch in jede Kitteltasche, ist geringfügig von 267 auf 283 Seiten angewachsen und hat mit nun 11 Abbildungen und 16 Tabellen zur Vorauflage wieder ein wenig zugelegt. Das weiter sehr praxisorientierte Buch ist vorwiegend für angehende Psychiater, psychologische Psychotherapeuten, Hausärzte, Internisten, Pflegepersonal, Betreuer, Angehörige und Patienten geschrieben, jedoch auch allgemein relevant und sicher auch für alle Anderen, die mit Psychopharmakologie in Berührung kommen von Interesse. In der aktuellen, wieder aktualisierten und erweiterten Auflage wurden nun noch die Wechselwirkungen, Psychopharmaka in der Schwangerschaft, Laborkontrollen und einige Substanzen aufgenommen. In der Grundgliederung des Buchs führt der Autor nach einer kurzen Einleitung darüber, was eigentlich Psychopharmakotherapie ist, und einem kurzen Überblick in bewährter Weise in die Hauptgruppen ein. Beginn sind natürlich die Antidepressiva, dann folgen die Neuroleptika/Antipsychotika, die Phasenprophylaktika, Anxiolytika, Sedativa, Schlafmittel, ADHS-Medikamente. Zuletzt folgen noch Abschnitte über illegale Drogen, Genussmittel, Gerontopsychiatrie, Notfälle und Wechselwirkungen.

Die einzelnen Kapitel sind dann nach den einzelnen Wirkstoffen gegliedert, hier wiederum folgt zunächst in einem Merkkasten ein Steckbrief des Medikamentes, dann folgt einheitlich ein Abschnitt zu den wichtigsten Eigenschaften, teils kurz der Geschichte des Präparats, teils mit persönlichen Erfahrungen des Autors, Pharmakologie, klinischem Einsatz und Nebenwirkungen. Was sehr gelungen ist, ist, dass bei wichtigen Stoffen mehr noch als in der Erstauflage noch ein persönliches Fazit folgt und nicht selten auch die Erfahrungen/ Rückmeldungen von Patienten einfließen und sogar Platz für Fallberichte blieb. Dadurch liest sich das Buch angenehmer und noch praxisnäher als der doch noch sehr auf Vollständigkeit orientierte „Benkert-Hippius“, verliert aber kaum an objektiven, wirklich wichtigen Sachinformationen. Die Dosierungen sind in erneuerten einprägsamen Textboxen hervorgehoben. Die Suche wird dem Leser erleichtert durch das übliche Glossar und ein Sachverzeichnis. Als didaktisch auflockernde Elemente kommen neben den Fallbeispielen, CAVEs, Tabellen und Abbildungen zum Einsatz. Des Weiteren werden zur Vertiefung leider wie üblich in der Buchform nicht sinnvoll zu lesende Links für weiterführende Literatur oder wichtige Studien gegeben. Onlinematerialien gibt es weiterhin konsequent nicht, ist auch sicher bei dem Format des Buchs nicht sinnvoll. Insgesamt ist Dr. Dreher wieder ein kompaktes und konzentriertes Buch gelungen, das er nochmals verbessern konnte. Studenten im Praktikum oder im praktischen Jahr oder auch Assistenten auf Stationen, die ihre ersten Erfahrungen zu dem Thema sammeln, werden damit gut über die Runden kommen.

Als Alternative zum vorliegenden Werk bietet das „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie“ von Benkert und Hippius, mittlerweile in der 11. Auflage, natürlich mit inzwischen fast 1000 Seiten erheblich mehr Umfang, mehr Informationen und mehr pharmakologische Grundlagen; und das noch zu einem unschlagbaren Preis von 45 Euro. Wer aber nur die wichtigsten Punkte der praktischen Psychopharmakologie, angereichert mit wirklich wertvollen persönlichen Erfahrungen des Autors aus der Praxis, benötigt, erhält zur Hälfte des Preises vom „Benkert-Hippius“ eine echte Perle mit 90 % der Quintessenzen für die Kitteltasche und eine gute Hilfe im „Dschungel“ der Psychopharmakologie.

Prof. Dr. med. Markus Weih, Nürnberg