Pädiatrie up2date 2018; 13(02): 119-134
DOI: 10.1055/s-0043-115286
Entwicklung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Elektronische Medien und frühe Kindheit

Volker Mall
,
Frank W. Paulus
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Publication Date:
18 June 2018 (online)

Welche Bedeutung haben die neuen Medien und die zunehmende Medialisierung der kindlichen Lebenswelten für die Kindesentwicklung und Kindergesundheit unter kognitiven, emotionalen, sozialen und physischen Aspekten? Inwiefern können moderne elektronische Medien entwicklungsspezifischen Anforderungen gerecht werden? Und überhaupt – kann ihre Nutzung im Kindesalter empfohlen werden? Der Beitrag bewertet hierzu interessante Studien.

Kernaussagen
  • Die Mediennutzung spielt bereits in der frühen Kindheit eine große Rolle. So belegen repräsentative Studien hohe Nutzungszeiten im Vorschulalter. Besonders in den ersten 2 Lebensjahren ist aufgrund der Gehirnentwicklung und der zentralen Bedeutung der emotionalen Beziehung zu den Eltern von einer besonders vulnerablen Phase auszugehen.

  • Neben der Reflexion des elterlichen Mediengebrauchs stehen bei einer effektiven Beratung zur Mediennutzung in der frühen Kindheit Überlegungen zur Entwicklungsförderung und die gemeinsame Erarbeitung von Entwicklungszielen im Mittelpunkt.

  • Die Interaktion stellt einen der wichtigsten und am stärksten abgesicherten Faktoren für die Kindesentwicklung dar. Emotionale Bindung und emotionale Verfügbarkeit von Vertrauenspersonen sind dabei zentral.

  • Ein Wissenstransfer durch elektronische Medien ist für die ersten 18 Lebensmonate nicht belegt.

  • Studien belegen für das 1. Lebensjahr die Unterlegenheit von Medienangeboten für den Spracherwerb verglichen mit nicht digitalen Spielgruppenangeboten.

  • In Kindergärten und Krippen ist eine zunehmende Digitalisierung feststellbar. Unklar ist, in welchem zeitlichen Umfang, durch wen und wozu diese Medien verwendet werden; diesbezügliche Standards und Studien fehlen.

  • Entwicklungsziele sollten z. B. für einen Schulerfolg präzisiert werden. Von besonderer Relevanz sind Fähigkeiten wie Task Persistence, Impulskontrolle, emotionale Regulation, soziale Kompetenz und kreatives und flexibles Denken.

  • Der routinierte Umgang mit Medien per se stellt für den Schulerfolg keine Voraussetzung dar.

  • Fernsehkonsum im Alter von 6 – 18 Monaten korreliert mit dem Auftreten von Aggressivität und externalisierenden Verhaltensstörungen.

  • Belegt ist in vielen Einzelstudien und in Metaanalysen ein Zusammenhang zwischen „Gaming Disorder“, depressiven sowie Angststörungen und ADHS/HKS.