Pädiatrie up2date 2019; 14(02): 167-180
DOI: 10.1055/s-0043-115206
Spezielle Themen in der Pädiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gentherapie in der Pädiatrie – bereits Realität oder noch immer Fiktion?

Deborah Bartholdi
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Publication Date:
13 June 2019 (online)

Genetische Testverfahren spielen mittlerweile in vielen Disziplinen der Medizin eine wichtige Rolle bei der Diagnosefindung. Zudem hat die molekulargenetische Forschung maßgeblich dazu beigetragen, die Pathogenese vieler Krankheiten besser zu verstehen. Führt dieser Wissenszugewinn um die genetischen Grundlagen jedoch auch zur Entwicklung von neuen therapeutischen Ansätzen? Haben sich die Hoffnungen erfüllt, die in die Gentherapie gesetzt wurden?

Kernaussagen
  • In der Gentherapie konnten in den letzten Jahren wichtige Fortschritte erzielt werden, und für einige der häufigeren monogenen Erkrankungen (wie die zystische Fibrose und die spinale Muskelatrophie) gibt es vielversprechende Behandlungsansätze.

  • Dabei werden verschiedene Methoden angewandt, z. B. Exon-Skipping mittels Antisense-Oligonuklotiden oder das Überlesen von Nonsense-Mutationen.

  • Die Therapien beschränken sich jedoch oft auf spezifische Mutationstypen, sodass nicht alle Patienten behandelt werden können.

  • Ein neuer vielversprechender Therapieansatz für eine Vielzahl von genetischen Erkrankungen stellt die Genkorrektur mithilfe von spezifischen Genscheren und Reparaturvorlagen dar, z. B. das CRISPR/Cas9-Verfahren.

  • Allen Therapieansätzen ist gemeinsam, dass sie sehr hohe Kosten verursachen. Entsprechend wird auch die gesundheitspolitische Diskussion kontrovers geführt, ob diese Therapien angesichts der teilweise lediglich geringen gesundheitlichen Verbesserungen und des ungewissen Effekts auf die längerfristige Prognose der Patienten überhaupt gerechtfertigt sind.

  • Zudem sollte eine gesellschaftspolitische Diskussion über die ethischen Implikationen der Gentherapie geführt werden: Wird der Wunsch nach besserer Therapierbarkeit oder gar Heilung von genomischen/genetischen Erkrankungen dazu führen, dass Menschen mit Krankheiten, Fehlbildungen oder einer geistigen Behinderung immer mehr diskriminiert werden?

  • In diesem Zusammenhang ist es wichtig, international bindende Standards für die aktuelle und zukünftige Forschung zu etablieren, damit nicht die Entscheidung einer einzelnen Forschergruppe Gültigkeit hat, sondern diejenige der internationalen Gemeinschaft der Wissenschaftler.