Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(07): 374-375
DOI: 10.1055/s-0043-113322
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spastische Ataxie: Gen als häufige Ursache von Bewegungsstörung

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Publication Date:
02 August 2017 (online)

Die „spastische Ataxie“ ist eine Störung der Bewegungskoordination. Wissenschaftler haben eine genetische Ursache dieser Erkrankung im Rahmen einer internationalen Kooperation untersucht. Beteiligt waren das Forschungszentrum Jülich, die Universitäten Bonn, Tübingen, Essen und München sowie die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Köln. Die Ergebnisse wurden in einer neuen Studie vorgestellt.

Erfassung der Introne

Die Ursachen von Bewegungsstörungen sind häufig unklar. Möglicherweise spielen unerkannte, vererbte Gendefekte eine Rolle – sie sind aber bei Familien mit einzelnen Erkrankten meist nicht zu klären. Dennoch ist eine genaue Diagnose sowohl für den Umgang mit der Erkrankung als auch für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze von großer Bedeutung. Bei neuen gendiagnostischen Verfahren wird nicht das komplette Genom analysiert, sondern nur die sogenannten Exone – Bereiche, die für die Herstellung neuer Proteine „abgelesen“ werden. Die dazwischen liegenden Introne werden nicht vollständig erfasst. Gerade hier aber liegt ein Schlüssel zum Verständnis der Erkrankungsursachen – das zeigt die Studie, die von PD Dr. Dr. Alfredo Ramirez (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln) und PD Dr. Martina Minnerop (Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin) initiiert wurde.


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Einfluss von Mutationen

„Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die intronische Mutation c.1909 + 22G > A in Kombination mit einer klassischen exonischen Mutation im POLR3A-Gen eine häufige Ursache einer spastischen Ataxie ist“, sagt PD Dr. Dr. Ramirez. Die RNA-Polymerase III ist ein Enzym, dass für die RNA-Herstellung relevant ist. Die von der RNA-Polymerase III synthetisierten RNAs werden hauptsächlich für regulatorische Funktionen in den Zellen eingesetzt. Ramirez: „Durch die intronische Mutation wird die Polymerase III Protein von den Zellen falsch prozessiert, was Aufbau und Funktion der RNA-Polymerase verändert.“ Die Studie untersucht den Einfluss der einzelnen Mutationen auf die Struktur und die damit evtl. verbundene Funktionsstörung des Enzyms durch die computerbasierte Erstellung von Proteinmodellen.

Die Forscher untersuchten mithilfe verschiedener Methoden, welchen Einfluss einzelne Mutationen im Intron und Exon auf die Struktur und Funktion des Enzyms haben, dessen Restfunktion offensichtlich Art und Ausprägung der Symptome bestimmt. Die neuen Erkenntnisse zeigen den Weg zur genaueren Diagnose der spastischen Ataxie auf.

Nach einer Pressemitteilung der Uniklinik Köln


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