Z Gastroenterol 2017; 55(07): 637-638
DOI: 10.1055/s-0043-111604
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial: Sonografie in der Zeitschrift für Gastroenterologie

Editorial: Ultrasound in Zeitschrift für Gastroenterologie
Christoph F. Dietrich
1   Med. Klinik 2, Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, Uhlandstr. 7, 97980 Bad Mergentheim
,
C. Jenssen
2   Klinik für Innere Medizin, Krankenhaus Märkisch Oderland GmbH, Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Brandenburg „Theodor Fontane“, Prötzeler Chaussee 5, 15344 Strausberg
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Publication Date:
14 July 2017 (online)

Die Bedeutung der Sonografie als erweiterte körperliche Untersuchung und als bildgebendes Verfahren mit der höchsten Ortsauflösung, der Möglichkeit zur multiparametrischen Analyse von strukturellen und funktionellen Aspekten sowie zur bestmöglichen (real-time) Steuerung von Interventionen hat sich in vielen Bereichen etabliert, während sie in anderen fast vollständig negiert wird. Sonografischen Methoden wurde in mehreren deutschen onkologischen Leitlinien und – mehr auf Europäischer Ebene als in Deutschland – auch für die Diagnostik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ein hoher Stellenwert zuerkannt. Die European Federation of Societies of Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) erarbeitet aktuell Empfehlungen zur Darmsonografie.

Aktuell werden vielfältige Leitlinien auch zu onkologischen Fragestellungen erstellt bzw. überarbeitet, beispielsweise für das Magenkarzinom. Erwähnenswert ist, dass beispielsweise beim Staging der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) immer noch auf die körperliche Untersuchung palpabler Lymphknoten zurückgegriffen wird. Bei der Diskussion der aktuellen CLL-Leitlinien stellte sich heraus, dass es wohl nie mehr Studien geben wird, die den zusätzlichen Nutzen der Sonografie über die körperliche Untersuchung bei der richtigen Einschätzung der CLL und anderer hämatologischer Erkrankungen belegen könnte, da seit Jahrzehnten alle Studien auf diesen traditionellen Kriterien beruhen.

Der großen Bedeutung der Sonografie für die Gastroenterologie Rechnung tragend, hat die Zeitschrift für Gastroenterologie in den letzten Jahren sonografischen Themen eine breite Plattform gegeben. Andererseits sind die Disziplinen „Sonografie“ und „endoskopischer Ultraschall“ nicht ausreichend in den politischen Gremien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) vertreten.

Die ökonomische Abbildung der Sonografie bedarf weiterer Anstrengungen der DGVS gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) und der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren (DGE-BV), da nicht selten der Eindruck entsteht, dass teure Verfahren wie Computertomografie (CT) und MRT alleinig aufgrund der höheren Kosten auch zu einem besseren Ergebnis führen müssten. Diese Auffassung wird nicht selten auch primär von Patienten übernommen, ehe sie dann in der Betreuung durch sonografisch tätige Ärztinnen und Ärzte andere Erfahrungen machen. Es ist leicht zu verstehen, dass ein patientennah durchgeführtes Verfahren während der Untersuchung anamnestische Angaben und die Ergebnisse einer dynamischen körperlichen Untersuchung besser berücksichtigen kann als ein statisches bildgebendes Verfahren mit Großgeräten weit weg von den klinisch führenden Ärzten.

Von besonderer Bedeutung sind Studien, die in einem multizentrischen Design prospektiv den Wert der Sonografie und ihrer Techniken belegen. Besonders erwähnenswert ist die in multizentrischen Studien belegte Bedeutung der Kontrastmittelsonografie zur Charakterisierung von Lebertumoren und Pankreastumoren und der Zugewinn an Informationen zur Sicherheit ultraschallgestützter diagnostischer und therapeutischer abdomineller Interventionen sowie in der Nachsorge bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen zur frühzeitigen Metastasendetektion.

In enger Kooperation mit der DEGUM und der europäischen Ultraschallgesellschaft (European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology, EFSUMB) sind Leitlinien zu sonografischen Themen entstanden, die international große Beachtung finden und auf der EFSUMB-Website frei verfügbar sind (www.efsumb.org).

Leitlinien zur interventionellen Sonografie wurden im letzten Jahr publiziert, kommentiert und illustriert. Allgemeine Grundlagen, transkutane diagnostische Interventionen, transkutane therapeutische Verfahren, endosonografische Materialgewinnung und endosonografisch therapeutische Verfahren wurden jeweils als Kurz- und Langversion veröffentlicht. Ergänzend wurde die Evidenz zu sonografisch-geführten Gefäßzugängen und anderen vaskulären Interventionen analysiert und vorgetragen.

Mit den in diesem Editorial angesprochenen Themen wollen wir die Mitglieder der DGVS und Leser der Zeitschrift für Gastroenterologie stimulieren,

  • die Bedeutung der Sonografie im klinischen Alltag zu fördern,

  • zu sonografischen Themen zu forschen und zu publizieren,

  • sonografische Methoden auf hohem Niveau in der internistischen und gastroenterologischen Weiterbildung zu vermitteln,

  • sich in berufspolitischen Gremien und der kassenärztlichen Vereinigung für eine angemessene Vergütung sonografischer Leistungen einzusetzen und zu

  • unterstützen, dass die Sonografie besser in Führungsgremien der DGVS verankert wird.

Die Autoren bitten die Leserschaft ausdrücklich um Rückmeldung und Vorschläge, wie wir die Sonografie gemeinsam in den nächsten Jahren weiterentwickeln können. Auf das bisher nicht ausgeschöpfte Potenzial interdisziplinärer Vernetzung mit der DEGUM und der DGE-BV als weiteren Säulen interdisziplinär gelebter Gastroenterologie und Stoffwechselmedizin wird verwiesen.

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Prof. Dr. med. Christoph F. Dietrich
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Dr. med. Christian Jenssen