Rofo 2017; 189(06): 579-584
DOI: 10.1055/s-0043-110152
DRG-Mitteilungen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Honorararzt: Arbeitnehmer oder selbstständige Tätigkeit? – Aktuelle Rechtsentwicklungen

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 June 2017 (online)

Einführung

Das Honorararztwesen hat angesichts des zunehmenden Ärztemangels in Krankenhäusern an Bedeutung gewonnen. Speziell in ländlichen Gebieten, in denen Versorgungsengpässe die Krankenhäuser vor besondere Herausforderungen stellen, sind Honorarärzte prinzipiell aus dem Klinikalltag nicht mehr wegzudenken. Dieser Lebenswirklichkeit hat jüngst auch der Gesetzgeber mit der Einführung des § 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG Rechnung getragen, da die Frage ob und in welchem Umfang Ärzte, die weder Belegärzte, noch hauptamtlich im Krankenhaus tätig sind, generell zur Erbringung von Krankenhausleistungen für bestimmte Untersuchungen und Behandlungen hinzugezogen werden können, sehr umstritten war. Der Gesetzgeber hat diese Frage nunmehr dahingehend geklärt, dass Krankenhausleistungen – in den Grenzen des § 20 Ärzte-ZV – „auch durch nicht fest angestellte [...] Ärzte“ erbracht werden können (§ 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG).

Folglich ist der Einsatz von Honorarärzten nach dieser Norm vom Grundsatz her zulässig[1]. Die Leistung muss sich aber weiterhin unter Würdigung des Gesamtzusammenhangs als Leistung des Krankenhauses darstellen[2]. Das BSG[3] hat diesbezüglich festgestellt, dass es der gesetzliche Regelfall sei, dass Krankenhäuser mit eigenem Personal arbeiteten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Grenze seines Leistungserbringerstatus‘ dann überschritten ist, wenn Leistungen nicht mehr regelmäßig mit angestelltem Personal, sondern mit externen Ärzten erbracht werden[4]. Hieraus folgert er, dass der Leistungszukauf einen Ausnahmecharakter besitze. Daher erbringt das Krankenhaus ab einem bestimmten Volumen der für sich genommenen zulässigen Einzelzukäufe die Gesamtleistungen nicht mehr im Rahmen seines Leistungserbringerstatus‘.

Gleichwohl bleibt eine Reihe von Rechtsfragen unbeantwortet[5]. Neben den offenen Fragen nach einer Beschränkung der Tätigkeit des Honorararztes auf „ergänzende oder unterstützende“ Leistungen[6] sowie der Angemessenheit der Vergütung[7] trifft § 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG keine Aussage zur sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Statusbewertung des Honorararztes. Vor dem Hintergrund vermehrter Betriebsprüfungen gem. § 28 p SGB IV durch die Sozialversicherungsträger wird die Frage, ob bzw. in welchen Fällen der im Krankenhaus tätige Honorararzt tatsächlich freiberuflich tätig ist oder ob de facto nicht doch ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kontrovers diskutiert. Neben der Gefahr erheblicher Nachzahlungen durch den Krankenhausträger gewinnt diese Problematik mit Blick auf § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) unmittelbar auch strafrechtliche Relevanz (vgl. auch Strafbarkeit gem. § 370 AO wegen Steuerhinterziehung). Weiterhin können sich aus der arbeitsrechtlichen Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft eines Honorararztes Rechtsfolgen wie die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, des Bundesurlaubsgesetzes oder von Tarifverträgen ergeben. Zahlreiche sozialgerichtliche Entscheidungen aus der jüngeren Vergangenheit belegen, dass die Statusbewertung des Honorararztes erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Anhand eines aktuellen Urteils des Landessozialgerichtes (LSG) Baden-Württemberg[8], welches eine honorarärztlich tätige Radiologin betraf, sollen die aktuellen Anforderungen der Rechtsprechung an die honorarärztliche Tätigkeit nachfolgend dargestellt und kritisch gewürdigt werden.