Der Klinikarzt 2017; 46(05): 191
DOI: 10.1055/s-0043-110058
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Tiergestützte Therapie: Es tut sich was

Winfried Hardinghaus
Osnabrück
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Publikationsdatum:
23. Mai 2017 (online)

Zu erfolgversprechenden alternativmedizinischen Behandlungen gehören auch tiergestützte Therapien. Dabei werden z. B. zur Linderung von Symptomen bei seelischen Störungen oder Menschen mit Behinderungen domestizierte und häufig speziell dafür ausgebildete Tiere wie Hunde, Katzen, Pferde oder Delphine eingesetzt. Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit zum Beispiel als begleitende Maßnahme bei ergotherapeutischen und logopädischen Behandlungsmethoden. Nach Angaben des Freiburger Instituts für Tiergestützte Therapie ist diese eine effektive Methode zur Verbesserung der Befindlichkeit (Souter & Miller, 2007), Verminderung problematischer Verhaltensweisen (Nimer & Lundahl, 2007), Stressreduktion (Beetz et al., 2010) zur Verminderung körperlicher Belastungsindikatoren (Todd-Schuelke et al. 2007) insbesondere bei Kindern (Prothmann, 2008). Es gibt auch Hinweise, dass insbesondere Hunde die Motivation zur Bewegung verbessern (Johnson & Meadows, 2010), was in einem Forschungsprojekt in der Therapie von adipösen Kindern mit Hunden untersucht wird. Wohlfahrt, Mutschler und Bitzer (2013) weisen auf eine vermehrte Ausschüttung von Serotonin, Prolactin und Oxytocin nach Tierkontakt hin. Insbesondere Oxytocin kann soziale Fähigkeiten fördern, Angst mindern und Vertrauen schaffen, Von einer Delfintherapie sollen insbesondere verhaltensauffällige Kinder profitieren. Wissenschaftliche Beweise für eine Wirksamkeit fehlen hier jedoch.

Auf der Palliativstation habe ich erlebt, wie das Streicheln des eigenen und von Angehörigen mitgebrachten Hundes wohltuend und entspannend wirkt. Einmal gab eine Patientin als letzten Wunsch an, ihren Hund aufs Bett gelegt zu bekommen. Sie konnte dabei friedlich sterben.In einer Initiative aus Schleswig-Holstein werden ausgebildete Therapiehunde in Hospizen eingesetzt, auch zur alleinigen Berührung des Menschen, wenn ein Sichtkontakt von Patientenseite nicht mehr möglich ist.

„Meine drei Therapieeulen schaffen es, Wachkomapatienten zum Lächeln zu bringen“, behauptet Bianka Wolf in einem Beitrag mit dem TV-Sender NDR. Neben Wachkomastationen besucht sie mit den Tieren auch Schulen, Kindergärten und Altenheime. Besonders gute Erfolge mit den Eulen erzielt sie, so ihre Beobachtung, auf Demenzstationen. „Demenzkranke erinnern sich, während sie die Eulen streicheln, an ihre Kindheit und ihre Erlebnisse mit Tieren.“ Der Franzose Hubert Josselin, der ebenfalls therapeutische Erfolge mit seinen dressierten Eulen vorweist, sagt in einem Interview in Der Welt.: „Eulen mit ihren vorne platzierten Augen erinnern an menschliche Gesichter. Der Ausdruck liegt irgendwo zwischen Kindchen und einem allwissend Weisen, je nach Betrachter.“

Ich bin bei solchen Berichten naturgemäß ohne Vorlage von dokumentierten Ergebnissen skeptisch, aber neugierig macht hat es mich doch.

Eulen galten in Europa noch bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts als Boten des Unheils. „Wenn nachts eine Eule ruft, ist morgens jemand tot“, lauteten mystische Gerüchte insbesondere in ländlichen Gegenden

Sei es drum, und ich will hier nicht Eulen nach Athen tragen. Die tiergestützte Therapie kann jedenfalls unter Umständen sogar im Krankenhaus eine hilfreiche Therapieergänzung sein.