Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12(06): 625-641
DOI: 10.1055/s-0043-109519
Wirbelsäule
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nicht spezifischer Rückenschmerz

Hartmut Bork
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Publikationsdatum:
10. November 2017 (online)

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Rückenschmerzen zählen mit zu den größten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Sie sind ein besonders häufiger Grund für die Inanspruchnahme des medizinischen Versorgungssystems, für Arbeitsunfähigkeit und Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Auf der Grundlage der aktualisierten Empfehlungen der Nationalen VersorgungsLeitlinie „Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“ soll dieser Artikel einen Überblick über ein angemessenes und zielgerichtetes, wenn erforderlich auch multimodales und interdisziplinäres Vorgehen bei nicht spezifischen Rückenschmerzen geben.

Kernaussagen
  • Diagnostik und Therapie von Rückenschmerzen erfolgen in der täglichen Praxis oftmals noch wenig standardisiert.

  • Bedeutsam ist vor allem die Versorgung auf Ebene der Erstbehandler, in der eine Differenzierung zwischen spezifischen und nicht spezifischen Rückenschmerzen erfolgen und das Augenmerk auf die Vermeidung einer unnötigen Medikalisierung und Chronifizierung gerichtet sein sollte.

  • Neben somatischen können auch psychische und sozioökonomische Faktoren bei der Krankheitsentstehung, der Fortdauer und der weiteren Prognose eine Rolle spielen. Bei protrahiertem Krankheitsverlauf sollten daher frühzeitig validierte Screeninginstrumente zur Erfassung psychosozialer und arbeitsplatzbezogener Risikofaktoren zur Anwendung kommen.

  • Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung stellt die Grundlage für eine gezielte Steuerung diagnostischer und auch therapeutischer Maßnahmen dar. Eine bildgebende Diagnostik ist ohne Hinweis auf eine spezifische Ursache der Kreuzschmerzen innerhalb der ersten 4 – 6 Wochen nicht erforderlich.

  • Information und Aufklärung des Patienten über den vermutlich selbstlimitierenden Verlauf der Rückenschmerzepisode zählen zu den wichtigsten Aufgaben des erstbehandelnden Arztes.

  • Die Therapie nicht spezifischer Kreuzschmerzen ist symptomatisch. Sie orientiert sich am Schmerzausmaß und dem hierdurch hervorgerufenen Funktionsverlust.

  • Neben der eventuell notwendigen medikamentösen Behandlung zur Reduktion der Akutschmerzsymptomatik stehen diverse nicht medikamentöse Maßnahmen mit unterschiedlichem Wirksamkeitsnachweis zur Verfügung. Die jeweiligen Therapien sollten mit den Betroffenen im Sinne eines „shared Decision Making“ individuell und nach den jeweiligen Präferenzen abgestimmt werden.

  • Vor allem sport- und bewegungstherapeutische Verfahren – mit Zielsetzung der Kräftigung von Muskulatur und Stabilisierung – kombiniert mit edukativen Maßnahmen nach verhaltenstherapeutischen Prinzipien haben sich bei subakuten und chronischen nicht spezifischen Rückenschmerzen in Bezug auf die Schmerzreduktion, Funktionsfähigkeit und schnelle Rückkehr an den Arbeitsplatz als effektiv erwiesen.