Im OP 2017; 07(04): 175
DOI: 10.1055/s-0043-106370
DBOTA
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen für die Mitglieder des Deutschen Berufsverbands Operationstechnischer Assistenten

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Publication Date:
23 June 2017 (online)

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Liebe Mitglieder,

multikulturelles Team im OP – was verstehen wir darunter?

Zunächst das Offensichtliche: verschiedene Kulturen, Nationen und Menschen im OP. Multikulturelle Teams finden sich überall. In der Buchhaltungsabteilung einer großen Firma, im Supermarkt von nebenan und natürlich auch im Krankenhaus. Man möchte fast schon sagen, dies sei nichts Besonderes mehr in Zeiten des demografischen Wandels und des Zustroms neuer zu uns kommender Menschen in den letzten Jahren. Und dennoch beschäftigt uns selten ein Thema so sehr wie die Multikulturalität im (Arbeits-)Alltag.

Was bringt diese Thematik mit sich, abgesehen von den eingangs erwähnten offensichtlichen Dingen? Frust, Stress, Verständigungsprobleme auf der einen Seite. Den Menschen dahinter kennenlernen, neue Ansichten erfahren, sich dem Neuen öffnen auf der anderen Seite.

Die Verständigungsprobleme sind wohl das, an was die meisten denken. Man versteht sich gegenseitig nur schlecht. Gebrochenes Deutsch in einer Mischung aus Englisch und der eigentlichen Muttersprache lässt einen vor einem Berg voller Wörter, die man nicht versteht, stehen.

Aber es geht nicht nur dem alteingesessenen Mitarbeiter so. Auch „dem Neuen“ ergeht es da nicht anders. Wenn sich dann noch ein Dialekt mit in unser Deutsch mogelt, mag das für jemanden, für den Deutsch eine Fremdsprache ist, wohl nicht anders klingen wie für uns die Mischung aus Deutsch, Englisch und der jeweiligen Muttersprache. Selbst jemanden, der aus einer Gegend kommt, in der Hochdeutsch gesprochen wird, versetzt der bayerische Dialekt in Stirnrunzeln. Also, wozu es dem Gegenüber noch zusätzlich schwer machen?

Diese Probleme der Verständigung schlagen dann gerne mal in Unverständnis um, welches wiederum zu Frust und Stress führen kann. Kaum einer im OP möchte gerne fünf Mal am Tisch nachfragen, was gerade zu einem gesagt beziehungsweise was von einem verlangt wurde. Man selbst fühlt sich eventuell nicht sonderlich wohl dabei und man möchte dem Gegenüber nicht das Gefühl des Nicht-verstanden-seins geben.

Hinzu kommen noch gewisse Umgebungsgeräusche: der Sauger, der fröhlich vor sich hin brummt, der Piepton des HF-Geräts, die Plaudereien der Kollegen – und dahin ist die Möglichkeit, sich auf das Gesagte so zu konzentrieren, dass man unter Umständen schon im ersten Anlauf versteht, was von einem erwartet wird.

Doch wie fühlt sich derjenige auf der Gegenseite? Wenn wir schnell sprechen, gar mit abteilungsspezifischen Begriffen um uns werfen? Die Instrumente nicht nach ihrem eigentlichen Namen benennen und damit noch zusätzlich verwirren? Ständig nachfragen, was gerade zu einem gesagt wurde? Das Gefühl des Verlorenseins in der Sprache wird sich einstellen, Frustration macht sich breit.

Doch was passiert, wenn wir uns auf eine neue Person aus einer anderen Kultur einlassen? Man öffnet sich etwas Neuem, man hat die Möglichkeit, den Menschen dahinter kennenzulernen und so etwas über andere Kulturen zu erfahren, neue Ansichten zu gewinnen, ganz einfach: Nicht auf der Stelle stehen zu bleiben und die Möglichkeit zu bekommen, seine Berührungsängste abzulegen.

Was haben wir also für Möglichkeiten, um dem Unverständnis und dem Stress entgegenzuwirken? Man kann es ganz einfach mit Ruhe und Kommunikation versuchen. Das Instrument, welches gerade im OP das A und O ist. Dabei sollte man jedoch nicht so schnell sprechen, dass selbst jahrelange Kollegen das Gesagte kaum verstehen. Sich vielleicht sogar mit eher einfachen Sätzen herantasten. Diese Geduld mag es im OP an dem einen oder anderen Tag nicht geben, jedoch zählt der Versuch. Nach einer Zeit versteht man sich einigermaßen und kann das Genuschelte einordnen. Man hört sich im wahrsten Sinne rein.

Neben den sprachlichen Welten sind es die menschlichen und kulturellen Welten, die auf eher engem Raum aufeinander prallen. Die deutsche Engstirnigkeit auf der einen und die teilweise eher lockere Haltung auf der anderen Seite, als Beispiel. Beide Seiten schütteln womöglich den Kopf über den jeweils anderen. Aber gerade das macht es aus.

So hat man die Chance, aus beiden Varianten die jeweils besten Eigenschaften herauszufiltern und den (beinahe) goldenen Mittelweg zu nehmen. Vielleicht lässt sich so ein besonders angenehmes Arbeitsklima schaffen, was wiederum den Patienten zugutekommt. Wo sich Menschen in ihrer Umgebung wohlfühlen, da entstehen weniger Stress und Hektik und dadurch können weniger Fehler entstehen.

Wenn man es nun schafft, die Brücke zum Neuen zu schlagen, dann kann man daraus nur gewinnen. Doch es braucht Zeit und Geduld. Die Faktoren, die im OP nicht immer zu finden sind. Doch gelingt es einem, sich für den anderen eine Minute Zeit zu nehmen, sich auf die andere Person mit ihren Eigenarten und dem, noch eher schwer zu verstehenden gesprochenen Wort einzulassen, dann sollte selbst die Herausforderung „multikulturelles Team im OP“ machbar sein

Man wächst aneinander und auch die sprachlichen Barrieren dürften eines Tages passé sein.

Josefine Kuschke (Mitglied und Vorstandsbeirat im DBOTA)