Laryngorhinootologie 2017; 96(09): 587
DOI: 10.1055/s-0043-105202
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Morbus Ménière – was bringt die transtympanale Kortikoidtherapie?

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Publication Date:
07 September 2017 (online)

Patel M et al. Intratympanic methylprednisolone versus gentamicin in patients with unilateral Ménière‘s disease: a randomised, double-blind, comparative effectiveness trial. Lancet. 2016; 388: 2753–2762

Morbus Ménière geht anfallsartig mit Drehschwindel und Hörminderung einher. Die transtympanale Gentamicingabe im Fall des refraktären Morbus Ménière führt zwar zum Nachlassen des Drehschwindels, hat aber den Nachteil, vestibuläre Funktion und den Höranteil zu schädigen. Britische HNO-Ärzte verglichen eine transtympanale Kortikoidtherapie mit Methylprednisolon mit der Gentamicinbehandlung.

In die doppelblinde Vergleichsstudie wurden Patienten mit refraktärem unilateralem Morbus Ménière eingeschlossen. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten zwei Injektionen Methylprednisolon in der Dosierung 62,5 mg/ml oder Gentamicin 40 mg/ml. Die zweite Injektion erfolgte zwei Wochen nach der ersten. Die Untersuchungen der Patienten erfolgten vor Behandlungsbeginn, danach nach einem, nach 2, 6, 12, 18 und 24 Monaten. Ein Audiogramm erfolgte unmittelbar vor der zweiten Injektion. Primärer Studienendpunkt war die Erholung von Schwindelanfällen, gemessen als Anzahl der Attacken nach 6 Monaten im Vergleich zu denen 6 Monate vor der ersten Medikamenteninjektion. Sekundäre Endpunkte bildeten die Anzahl der Vertigoattacken nach einem Monat im Vergleich zu denen einen Monat vor der Injektion, und die Ergebnisse diverser Fragebogenerhebungen wie Vertigo Symptom Scale (VSS), Dizziness Handicap Inventory (DHI), Aural Fulness Scale (AFS), etc. sowie die Resultate von Hörprüfung und Sprachdiskriminierung.

Insgesamt umfasste die Intention-to-treat-Population 60 Patienten, jeweils 30 Patienten in jeder Gruppe. Das Durchschnittsalter betrug 52,5 Jahre und die Erkrankungsdauer im Mittel 4,5 Jahre.

Die Anzahl der Schwindelanfälle 6 Monate nach der ersten Injektion im Vergleich zu den 6 Monaten vor der Behandlung sank in beiden Gruppen vergleichbar ab, in der Gentamicingruppe um 87 % und in der Methylprednisolongruppe um 90 %. In der Methylprednisolongruppe hatten 20 Patienten (67 %) keine Vertigoattacken mehr in den Monaten 18 bis 24. In der Gentamicingruppe war dies bei 19 Patienten(63 %) der Fall. Auch die Zahl der Schwindelanfälle einen Monat nach der ersten Medikamentengabe im Vergleich zu einem Monat vor der ersten Injektion sank in beiden Gruppen signifikant und vergleichbar ab und zwar in der Gentamicingruppe um 90 % und in der Methylprednisolongruppe um 91 %. Auch die Ergebnisse der Fragebogenerhebungen differierten nicht zwischen beiden Gruppen. Aber die Gesamtscores nahmen über die Zeit signifikant ab. Der Hörpegel unterschied sich ebenfalls nicht zwischen den Gruppen. Er änderte sich aber nicht vom Beginn der Behandlung bis über die Zeit von 24 Monaten.

Weitere Injektionen waren bei 8 Nonrespondern der Gentamicingruppe und 15 in der Methylprednisolongruppe erforderlich. Zwei Patienten der Methylprednisolongruppe wechselten zur Gentamicinbehandlung. Insgesamt betrug die Anzahl der Injektionen in der Gentamicingruppe 2,7 und in der Methylprednisolongruppe 3,7 pro Patient. Die Medikamente wurden im Allgemeinen gut vertragen. Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen jeweils bei 3 Patienten auf.

Fazit

Die Untersuchung zeigt, dass die Injektion mit Methylprednisolon eine nonablative und wirksame Behandlung des refraktären Morbus Ménière ist, so die Autoren. Die Entscheidung für Methylprednisolon oder Gentamicin sollte dabei von der klinischen Erfahrung und der Patientensituation abhängig gemacht werden.

Richard Kessing, Zeiskam