Dr. med. Anne Sparenborg-Nolte
Der psychopathologische Befund ist das wichtigste diagnostische Instrument des Psychiaters.
Über die Kriterien für seine Erhebung besteht in der Fachgruppe weitgehend Konsens.
Die Einigung auf konsensfähige Kriterien ist eine große Errungenschaft, ein sicherer
Pfosten im schwankenden Terrain der Psyche, den die Psychiatrie sich erst erarbeiten
musste. Der psychopathologische Befund ist insofern „objektiv“, als mehrere Untersucher
in einer gegebenen Situation im Wesentlichen zum gleichen Ergebnis kommen sollten.
Spekulation, Intuition, Deutung, Interpretation oder eine moralische Bewertung des
Patienten sind nicht die Aufgaben der Psychopathologie. Die psychopathologische Befunderhebung
erfordert reine Beobachtungsgabe, Geschick in der Gesprächsführung und Kenntnisse
der Psychopathologie, die jedoch erlern- und erfahrbar sind.