physiopraxis 2017; 15(04): 6-9
DOI: 10.1055/s-0043-101650
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Publication Date:
21 April 2017 (online)

Tauziehen um Osteopathie – Eigener Beruf oder Teil der Physiotherapie?

Das Tauziehen um die Osteopathie geht weiter. Im Dezember 2016 wäre die Osteopathie beinahe als krankengymnastische Behandlungstechnik mit 60 Stunden Ausbildungsumfang in die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten integriert worden. Das sah ein Änderungsantrag des dritten Pflegestärkungsgesetzes (PSG III) vor. Dadurch wäre es Physiotherapeuten mit Weiterbildungen in Osteopathie möglich gewesen, auch ohne Heilpraktikerlaubnis osteopathisch zu behandeln. Allerdings hätten dann die Patienten nur auf Verordnung eines Arztes zu ihnen kommen können.

Die Osteopathie in den Ausbildungs- und damit Tätigkeitsbereich der Physiotherapeuten zu integrieren, wurde durch Intervenieren der Osteopathieverbände verhindert. „Wer Osteopathie als Teil der Physiotherapie oder ‚krankengymnastische Behandlungstechnik‘ betrachtet, negiert ihren Grundgedanken, die Behandlung von der Diagnose im Primärkontakt bis hin zur Therapie eigenständig auszuführen“, argumentieren mehrere Osteopathieverbände. Sie machen sich für eine Osteopathie stark, die weiterhin unabhängig von der ärztlichen Verordnung erfolgen soll. Ihr zweites Argument lautet: „Osteopathie und Manuelle Therapie wie auch Physiotherapie haben einen grundsätzlich unterschiedlichen Ansatz und Tätigkeitsumfang.“

Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) ist – wie manche Physiotherapieverbände – anderer Ansicht: „Die Osteopathie gehört zwingend in die Hände von qualifizierten Ärzten und Physiotherapeuten. Wer sich dem verweigert, spielt ohne Not mit der Gesundheit und Sicherheit von Patienten.“ Laut Pressemitteilung der BÄK bat Montgomery Ende Februar 2017 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, den Antrag noch in dieser Legislaturperiode erneut in das parlamentarische Verfahren einzubringen. Montgomerys Argumente: Die Bedeutung osteopathischer Verfahren in der Patientenbehandlung habe in den letzten Jahren enorm zugenommen und werde auch noch weiter wachsen. In der ärztlichen Weiter- und Fortbildung lägen die entsprechenden Curricula – Manuelle Medizin sowie Osteopathische Verfahren – im Umfang von knapp 500 Stunden bereits seit etlichen Jahren vor.

Physios mit einer Weiterbildung in Osteopathie absolvieren meist über 1.300 Unterrichtsstunden. Wäre der Osteopath als eigenständiger Beruf anerkannt, müssten sie die Hürde des Heilpraktikers nicht nehmen. Diese Option wäre durchaus im Sinne vieler Physios, die nur noch osteopathisch arbeiten. Osteopathie als eigenständiger Beruf – das fordern die Osteopathieverbände. Den Ärzten und manchen Physiotherapieverbänden wäre das ein Dorn im Auge. Das Ringen geht weiter.

ba