Diabetes aktuell 2017; 15(04): 152
DOI: 10.1055/s-0043-0043-111395
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diabetes, Herz und Gefäße – koronare Herzkrankheit

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Publication Date:
18 July 2017 (online)

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 leiden intensiver an den klinischen Manifestationen einer koronaren Herzkrankheit (KHK) oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, wobei für die Behandlung der koronaren Herzkrankheit vergleichsweise „günstige“ und erfolgversprechende Therapieoptionen bestehen. Die Empfehlungen aus den Leitlinien entsprechen allerdings nicht immer dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, da Studienergebnisse erst mit einem zeitlichen Intervall eingepflegt werden können. Dies führt häufig zu Diskussionen über das bestmögliche Therapiemanagement Betroffener. Wir möchten Ihnen mit dieser Ausgabe den aktuellen Stand der Behandlung der koronaren und peripheren Arteriosklerose und deren Komplikationen darlegen und hoffen, Ihnen damit die Behandlung Ihrer Patienten zu erleichtern.

Generell gelten KHK-Patienten mit Diabetes mellitus als vulnerable Patienten: Bei ihnen finden sich im Akutgeschehen mehr weiche Plaques, die ein höheres Rupturrisiko aufweisen. Neben der Wiedereröffnung dieses Gefäßes gilt es, mithilfe plaquestabilisierender Maßnahmen weitere Koronarereignisse zu verhindern. Wie man Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom behandelt, ist heute in der Regel klar definiert, kontrovers diskutiert wird mitunter jedoch das optimale Vorgehen bei einer bestehenden stabilen Mehrgefäßerkrankung. Generell hat sich die Behandlung der koronaren Herzerkrankung in den letzten Jahren deutlich zur kathetergestützten Intervention verschoben. Welche Stenosen bei Diabetespatienten jedoch besser mit einem Bypass versorgt werden sollten, beantwortet Prof. Anton Moritz, Frankfurt.

Die Entscheidung, wie die Versorgung erfolgen soll (Angioplastie/Stentimplatation oder Bypassversorgung), sollte gemeinsam mit dem Patienten und seinen Angehörigen im interdisziplinären „Herzteam“ getroffen werden, betonen Prof. Matthias Leschke, Stuttgart, und Prof. Wolfgang Motz, Greifswald, in ihrem Beitrag. Sie diskutieren die Vor- und Nachteile der zur Verfügung stehenden Interventionen anhand der Daten randomisierter Studien. Erst nach dieser Intervention beginnt jedoch die für den Patienten häufig prognosebestimmende Therapie zur Verhinderung einer Progression und möglicher Komplikationen (Plaquerupturen). Wünschenswert ist daher eine entsprechende interdisziplinäre Umsetzung der Behandlung über die Akutbehandlung in der „Chest Pain Unit“ hinaus.

Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit begünstigt in Koexstistenz mit einer peripheren sensiblen Polyneuropathie bei Patienten mit Diabetes die Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms. Die Auswirkungen sind für die Betroffenen häufig von größerer Bedeutung als die Einschränkung der Gehstrecke. Dr. Joachim Kersken, Ahaus, und seine Koautoren beschreiben die differenzierten Behandlungsmöglichkeiten. Durchgesetzt hat sich eine sektorenübergreifende Behandlung, die in der Zertifizierung zur Fußbehandlungseinrichtung ihren formalen Ausdruck und ihre tägliche Umsetzung im Engagement der Mitarbeiter findet.

Prof. Andreas Birkenfeld, Dresden stellt in seinem Beitrag „Verbesserung des metabolischen Stoffwechsels der Patienten mit Diabetes mellitus“ leitlinienorientierte Behandlungen vor und bewertet sie. Durch eine Verbesserung des metabolischen Stoffwechsels können langfristig Komplikationen reduziert und die Lebensqualität erhöht werden. Im Vergleich zur interventionellen Behandlung erfordert eine medikamentöse und noch mehr eine nicht medikamentöse Therapie (Lebensstiländerungen) jedoch mehr Verständnis – einmal vom Behandler, insbesondere aber auch vom Patienten selbst – und einen oft lebenslangen, aber doch lohnenden Beitrag.

Wir sollten nicht (nur) Stenosen behandeln, sondern die Patienten!