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DOI: 10.1055/s-0042-1754905
Risikoreduktion bei der TAR–Anastomose oder Diskontinuitätsresektion? Ergebnisse einer Umfrage unter deutschen Koloproktologen und Koloproktologinnen
Die tiefe anteriore Resektion (TAR) mit primärer Anastomosierung und Ileostomie ist Standard für die Therapie des distalen Rektumkarzinoms. Im Fall von Komplikationen können insbesondere bei älteren Patient:innen erhebliche Lebensqualitäteinbußen und Morbidität die Folge sein. Dazu zählen v.a. die Anastomoseninsuffizienz (10-20%), ein>12 Monate verbleibendes Ileostoma (17-49%), Major-Komplikationen bei der Rückverlagerung (9-11%) oder das Low Anterior Resection Syndrome (41-70%). Im Einvernehmen kann auf eine Anastomose verzichtet und ein definitives Kolostoma angelegt werden („Low Hartmann Procedure“, LHP). Randomisierte Vergleichsstudien oder Empfehlungen zur Auswahl geeigneter Patient:innen für die LHP existieren bislang nicht.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Erfahrungswerte von Rektumchirurg:innen hinsichtlich Risiken und funktionellen Outcomes nach TAR mit und ohne Anastomosierung zu sammeln.
Die webbasierte Umfrage wurde im März 2022 mit Hilfe der Fachgesellschaften verteilt. Mittels Kasuistik wurde eine relevante Patientengruppe skizziert. Die Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten wurde mittels unskalierter Schieberegler, die übrigen Fragen durch Einzel- oder Mehrfachauswahl in 15 Fragen abgefragt.
33 Chirurg:innen beantworteten die Umfrage vollständig. 44% waren bisher 6–20 Jahre fachärztlich berufstätig, 56% über 20 Jahre. 39% führten jährlich unter 10 TAR durch, 29% zwischen 10 und 20, 32% über 20.


Die geschätzte Häufigkeit der o.g. Komplikationen unterschied sich unter den Befragten deutlich.


Diskrepant zur Häufigkeit eines langfristigen Ileostomie-Verbleibs, wird diese Komplikation präoperativ seltener adressiert.
Welches Therapieergebnis verspricht aus Ihrer Sicht die bestmögliche Lebensqualität für einen Patienten/eine Patientin? (Rankingfrage; 1= beste; 6= schlechteste) |
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---|---|---|---|---|---|
∅ Punktzahl |
Rang (1-6) |
Anastomose? |
unkomplizierter postoperativer Verlauf |
Rückverlagerung Ileostomie |
Kontinenzfunktion |
5,69 |
1 |
✓ |
✓ |
✓ |
opB |
4,28 |
2 |
✓ |
✓ |
✓ |
Stuhlschmieren |
4,00 |
3 |
✓ |
4 Wochen stationär (AI) |
✓ |
opB |
3,81 |
4 |
Diskontinuität |
✓ |
- |
- |
2,21 |
5 |
✓ |
✓ |
keine Rückverlagerung |
- |
1,64 |
6 |
✓ |
✓ |
✓ |
Stuhlgang 8-10x/Tag |
Bezüglich der Lebensqualität wurde eine Diskontinuität vorteilhafter eingeschätzt, als eine persistierende Ileostomie oder ein manifestes LARS, aber schlechter als ein komplikativer Verlauf der Primäroperation oder eine Stuhlinkontinenz I°.


Bezogen auf die avisierte Patientengruppe gab ein Großteil an, eine LHP in weniger als 50% der Fälle aktiv anzusprechen.
Zusammenfassend unterstreicht die breite Streuung der Expertenmeinungen die Herausforderung bei der Indikationsstellung zur Anastomosierung nach TAR. Vergleichsstudien sind erforderlich, um eine Einschätzung der perioperativen Risiken und der postoperativen Kontinenzfunktion für unterschiedliche Patientengruppen zu erleichtern. Limitationen dieser Befragung umfassen fragebogentypische Bias und eine durch die Spezifik eingeschränkte Teilnehmerzahl.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
19. August 2022
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Georg Thieme Verlag
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