Zeitschrift für Palliativmedizin 2022; 23(05): e45
DOI: 10.1055/s-0042-1754124
Abstracts | DGP
Diversität

Eine Frage der Kultur?! – Palliativversorgung von Menschen mit Migrationshintergrund – eine deutschlandweite Befragung

A Albert
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
,
M Jansky
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
,
F Nauck
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
,
C Banse
1   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
› Institutsangaben
 

Hintergrund Studien weisen darauf hin, dass Menschen mit Migrationshintergrund (MMH) in der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung (HPV) unterrepräsentiert sein könnten. Die vorliegende Arbeit untersucht folgende Fragestellungen: Wie sind MMH in Einrichtungen der HPV in Deutschland repräsentiert? Welche Zugangsbarrieren lassen sich aus Sicht der Versorger für MMH zu Einrichtungen der HPV vermuten? Lassen sich Problembereiche und Lösungsansätze identifizieren?

Methode Mit einem Onlinefragebogen wurden 2019 über den Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung bundesweit Einrichtungen der HPV zur Versorgung von MMH befragt. Der auf einer niedersächsischen Studie basierende Fragebogen enthält geschlossene und offene Fragen u.a. zur Anzahl der versorgten MMH und möglichen Zugangsbarrieren, dem zuletzt versorgten MMH sowie identifizierten Problembereichen und Lösungsansätzen in der Versorgung und migrationsspezifischen Angeboten in der Institution. Die Auswertung erfolgte statistisch deskriptiv für geschlossene bzw. qualitativ inhaltsanalytisch für offene Fragen.

Ergebnisse Von 2413 erreichten Einrichtungen nahmen 332 (13,8%) teil; aus ambulanten Hospizdiensten (40,7%), SAPV-Teams (23,2%), Palliativstationen (15,3%) und stationären Hospizen (12,7%). MMH machten 11,2% der Patienten aus (0-100%). Zugangsbarrieren werden auf Seiten des Gesundheitssystems (z.B. unpassende Ausrichtung der Einrichtungen) und der MMH (z.B. religiöser und kultureller Hintergrund, Versorgung durch Familie) sowie in der Interaktion gesehen. Bei dem letzten versorgten MMH traten u.a. Probleme in der Organisation der Versorgung (z.B. politisch-rechtliche Strukturen, Bürokratie) und in der Beziehung zwischen Versorgern, Patient und Angehörigen (z.B. durch Sprachprobleme, Umgang der Angehörigen mit Patientenbedürfnissen) auf. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer berichtete von Sprachproblemen (56,2%) und überwiegend übersetzten Angehörige (78,6%). Nur bei 24,4% konnte auch ein professioneller Übersetzer eingesetzt werden. Höchste Zufriedenheit bestand mit übersetzendem Personal (sehr/eher zufrieden: 76,1%; professionelle Dolmetscher: 56,1%; Angehörige: 62,1%).

Schlussfolgerung Der Anteil von MMH variiert stark zwischen Bundesländern, Stadt und Land und Einrichtungsarten. Einige der genannten Herausforderungen hinsichtlich der Versorgung werden ohne Erläuterung auf die Kultur zurückgeführt. Neben dem Einsatz geschulter Mitarbeiter zur Überwindung von Sprachbarrieren sollte auch der Einsatz professioneller Dolmetscher gestärkt werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
31. August 2022

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