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DOI: 10.1055/s-0042-1754116
Forschungsstand zu hemmenden Faktoren, Standards und Empfehlungen in der Umsetzung von Spiritual Care für alte und schwerkranke Menschen
Hintergrund In empirischen Untersuchungen konnten unerfüllte spirituelle/existenzielle Bedürfnisse bei chronisch kranken und alten Menschen in vier Hauptdimensionen identifiziert werden: Religiöse Bedürfnisse; Existenzielle Bedürfnisse; Bedürfnisse nach innerem Frieden; der Wunsch nach Weitergabe bzw. Generativität. Die Analyse von hemmenden Faktoren zur Umsetzung von Standards und Empfehlungen in der Umsetzung von Spiritual Care ist Ziel der Untersuchung.
Methode Analyse vorhandener Literatur einschließlich Unterrichts- und Lehrplänen sowie medizinökonomischer Rahmenbedingungen.
Ergebnisse 1. Die Hemmnisse zur adäquaten Beachtung der spirituellen Bedürfnisse lassen sich auf verschiedenen Ebenen verifizieren: Intrapersonelle und allgemeingesellschaftliche Hemmnisse (spirituelle Bedürfnisse sind insbesondere im Gesundheitssystem stumm, aber durchaus und nachweislich vorhanden); Aus- und Weiterbildungsdefizite sowohl im ärztlichen, pflegerischen als auch therapeutischen Bereich (z. B. 1.5 Stunden im Medizinstudium, Palliative Care Curriculum für Pflegende 12 von 160 Stunden, für Psychosoziale Berufsgruppen 8 von 120 Stunden); Strukturelle Defizite (z.B. ungeklärte Kompetenzzuweisung, keine Abbildung in Pflegeprozessplanung oder Therapiekonzept); Organisatorische Rahmenbedingungen (z.B. keine Abbildung im Vergütungssystem sowie fehlende Zeit- oder Personalressourcen, keine Relevanz für den MDK).
2. Die so beschriebene defizitäre Ist-Situation steht in deutlichem Widerspruch zu den Standards und Empfehlungen, die teilweise vor Jahrzehnten u. a. auch von der WHO, der European Association for Palliative Care, der EU Recommendation 24, der S3 Leitlinie Palliativmedizin im Leitlinienprogramm Onkologie und dezidiert in der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland entwickelt und beschrieben wurden. In ihnen wird Spiritual Care als gleichberechtigte vierte Säule der Palliativversorgung neben der Berücksichtigung physischen, psychischen und sozialen benannt.
Schlussfolgerung Die mit Blick auf die spirituellen Aspekte der Versorgung und Begleitung konstatierten Erfordernisse und Defizite auf Seiten der Betroffenen und ihren Familien, Angehörigen von Gesundheitsberufen müssen in den Fokus von Kosten- und Einrichtungsträgern sowie Aus- und Weiterbildungseinrichtungen gerückt werden. Es bedarf des Empowerments aller Beteiligten im Umgang mit spirituellen Bedürfnissen und existentiellen Nöten.
Publication History
Article published online:
31 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
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Germany