Zeitschrift für Palliativmedizin 2022; 23(05): e27
DOI: 10.1055/s-0042-1754076
Abstracts | DGP
Forschungsmethoden

Haben wir genug getan, um die Palliativmedizin zu involvieren? Herausforderungen in der Rekrutierung von Patient*innen mit fortgeschrittener unheilbarer Erkrankung im letzten Lebensjahr auf allgemeinen Krankenhausabteilungen am Beispiel von LYOL-C II

JS Frey
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland
,
G Dust
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland
,
B Werner
2   Universität zu Köln, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Institut für Soziologie und Sozialpsychologie, Köln, Deutschland
,
R Voltz
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland
3   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Versorgungsforschung, Köln, Deutschland
4   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Integrierte Onkologie Aachen Bonn Köln Düsseldorf (CIO ABCD), Köln, Deutschland
5   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Klinische Studien (ZKS), Köln, Deutschland
,
J Strupp
1   Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland
› Author Affiliations
 

Hintergrund Frühzeitige Identifikation von Patient*innen im letzten Lebensjahr kann eine personenzentrierte Versorgung am Lebensende unter Einbezug der Palliativmedizin fördern. LYOL-C II ist eine kontrollierte Phase-II Studie mit Prä-Post-Design. Mithilfe der Surprise Question (SQ) und dem SPICT-Modell werden Patient*innen zweier Abteilungen einer Uniklinik rekrutiert und prospektiv zur Versorgung befragt.

Fragestellung Welche Herausforderungen gibt es bei der Rekrutierung von Patient*innen mit einer fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankung im letzten Lebensjahr auf allgemeinen Krankenhausabteilungen?

Methode Das Studienteam (n=3) und Oberärzt*innen (OÄ) zweier Abteilungen (n=8) sind an der Rekrutierung beteiligt. Feldnotizen wurden nach jeweiligem Kontakt zu Studienteilnehmenden und Gesprächen mit OÄ erstellt. Sie enthalten Aussagen von Patient*innen, Nahestehenden, OÄ; Eindrücke des Studienteams und Ausschlussgründe. Die Analyse erfolgt deskriptiv und inhaltsanalytisch. Kategorisierung basiert auf Ohmann & Kuchinkes Faktorenmodell zur Studienbeteiligung [1].

Ergebnisse Innerhalb von 10 Monaten wurden 27 Patient*innen von 59 vorgeschlagenen (45.76%) in die Kontrollgruppe eingeschlossen. Das Ziel von 36 Patient*innen pro Interventionsarm im Zeitraum von 8 Monaten wurde somit nicht erreicht. Ausschlussgründe waren: kein Interesse (27.8%), zeitlicher Aufwand (19.5%), emotionale Belastung (16,7%), kognitive Verfassung (13.9%), Versterben (8.3%), Sprachbarrieren (5.6%) und Angst vor Tod (2.8%). Herausforderungen sind patient*innenbezogene (Ausschlussgründe, Erreichbarkeit für Einverständnis und Termine); versorger*innenbezogene (Auslegung SQ, fehlende Kommunikation über Unheilbarkeit, palliatives Wissen, Gatekeeping); organisationale (Personalschlüssel) und studienbezogene Faktoren (Ethikvorgaben, fehlende Rekrutierungsbögen) sowie deren Interaktion.

Schlussfolgerung Die Patient*innenrekrutierung ist ein zeit- und ressourcenaufwendiger Prozess. Maßgebliche Herausforderungen sind die Erreichbarkeit der Patient*innen sowie lückenhaftes Wissen über palliativmedizinische Strukturen und deren Einsatz. Unsicherheiten im Umgang mit Patient*innen im letzten Lebensjahr und fehlende, aber von der Ethikkommission geforderte, Gespräche über die Unheilbarkeit sorgen dafür, dass Patient*innen erst spät im Krankheitsverlauf oder gar nicht vorgeschlagen werden. Eine erhöhte Präsenz des Studienteams und Informationen zu palliativmedizinischen Strukturen sind wichtige Strategien.



Publication History

Article published online:
31 August 2022

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  • References:

  • 1 Ohmann C., Kuchinke W. (2007), Meeting the Challenges of Patient Recruitment, International Journal of Pharmaceutical Medicine, Düsseldorf, 263–270, 21, 2022-02-18, Medical Faculty, Heinrich-Heine-University