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DOI: 10.1055/s-0042-1753696
Welche Faktoren tragen zu einer langfristigen Implementierung von evidenzbasierten frühkindlichen Interventionen bei? Eine qualitative Studie.
Einleitung Hausbesuchsprogramme im Bereich der Frühen Hilfen können sozial benachteiligte Familien erreichen und langfristige Auswirkungen auf die gesunde Entwicklung ihrer Kinder haben. Allerdings ist wenig über die internen und kontextuellen Faktoren bekannt, die zur langfristigen Implementierung dieser Interventionen beitragen. In dieser Studie untersuchen wir die langfristige Implementierung des Hausbesuchsprogramms Pro Kind. Das Programm ist eine Adaptation des evidenzbasierten US-amerikanischen Nurse-Family Partnership-Programms und wurde im Jahr 2006 zunächst in verschiedenen Standorten in Deutschland implementiert. Auf Grundlage des „Consolidated Framework for Implementation Science“ untersuchen wir Faktoren, die die langfristige Implementierung des Programms an zwei Standorten beeinflussen.
Methoden Es wurden leitfadengestützte Interviews mit Mitarbeitenden des Pro Kind Programms und zentralen KooperationspartnerInnen (bspw. Vertretungen des Jugendamtes, KinderärztInnen) an zwei Durchführungsstandorten in Deutschland geführt. Im Zentrum der Interviews stand die Frage, wie sich das Programm intern aber auch in Interaktion mit dem sozialen Kontext über die Zeit entwickelt hat, um daraus ableitend förderliche und hinderliche Faktoren für eine nachhaltige Implementierung des Programms zu identifizieren. Die Datenerhebung erfolgte im März 2021 bis September 2021. Als Methode zur Datenanalyse wurde die thematische Analyse angewendet.
Ergebnisse Insgesamt wurden 25 Personen (11 Mitarbeitende, 14 KooperationspartnerInnen) interviewt. Die Entwicklung über die Zeit verlief in den beiden Standorten recht unterschiedlich. Die Anzahl der betreuten Familien stieg in dem einen Standort an, während diese an dem anderen Standort zurückging. In Bezug auf die internen Faktoren waren InterviewpartnerInnen beider Standorte davon überzeugt, dass sich das Programm nachhaltig auf die Entwicklung der Familien positiv auswirkt. Zu weiteren zentralen internen Faktoren zählen die Rolle und das Engagement der Leitungskräfte in dem gesamten Implementationsprozess sowie die Aufrechterhaltung und Priorisierung der Kernkomponenten der Intervention. In Bezug auf die kontextuellen Faktoren trugen vor allem eine umfassende Vernetzung mit externen KooperationspartnerInnen und eine kommunale Initiative zur Ausweitung und Integration von etablierten Programmen im Bereich Kindergesundheit zur Nachhaltigkeit von Pro Kind bei. Eine Herausforderung stellt die Art und Weise der Zusammenarbeit mit Jugendämtern dar, welche zu Schwierigkeiten in der Kommunikation und der Erreichbarkeit der Zielgruppe geführt hat.
Schlussfolgerung Anhand des Fallbeispiels Pro Kind wurden förderliche und hinderliche Faktoren identifiziert, welche die langfristige Implementierung von evidenzbasierten Programmen im Bereich der Frühen Hilfen beeinflussen. Die Erkenntnisse können in die Gestaltung von frühkindlichen Interventionen einfließen, um deren Wirksamkeit, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit zu erhöhen.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
22. August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
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Germany