Ultraschall Med 2022; 43(S 01): S27
DOI: 10.1055/s-0042-1749554
Abstracts
Pränatalmedizin

Der seltene Fall: Embryonaler Hirntumor – Reifes Teratom

Susanne Dargel
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin
,
Isabel Muth
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin
,
Caroline Voigt
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin
,
Angela Lauten
2   Frauenarztpraxis Lauten
,
K. Glutig
3   Universitätsklinikum Jena, Sektion Kinderradiologie
,
Ekkehard Schleußner
1   Universitätsklinikum Jena, Klinik für Geburtsmedizin
› Author Affiliations
 

Hintergrund Fetale intrakranielle Tumore mit Verdrängung von Hirnstrukturen sind selten. Die Hälfte neonataler Tumore sind Teratome, die in der frühen Embryonalzeit entstehen. Infiltratives Tumorwachstum obstruiert häufig liquorableitende Wege mit Deviation der Falx cerebri und Vergrößerung des Schädels.

Fallbericht Wir berichten von einer 29-jährigen I-Gravida, welche in der 20. + 4 Schwangerschaft erstmalig in unserer pränatalmedizinischen Ambulanz vorstellig wurde.

Im Rahmen einer Feindiagnostik e.m. imponierte bereits in der 19. + 4 SSW der Fet mit Makrozephalie und Porenzephalie. Bei V.a. intracerebrale Blutung (Grad IV) mit fetaler Anämie ohne Hinweis auf vaskuläre Malformationen erfolgte neben der TORCH-Serologie eine Amniocentese zum Ausschluss kongenitale Infektionen inklusive Covid-19 bei gerade genesener Patientin. Des Weiteren wurden eine FNAIT- und COL4A1-genetische Diagnostik veranlasst. Die Anamnese für Medikamente, Noxen und Koagulopathien war leer.

Mit 20+4 SSW waren einzelne Hirnstrukturen in der Sonografie als auch in der fetalen MRT nicht mehr abgrenzbar. In der fetalen MRT bestand der V.a. ein Teratom bei intrakranieller, infratentorieller Raumforderung mit verdrängendem, destruktivem Wachstum ohne Anhalt für eine Blutung. Reguläres supra- und infratentorielles Hirnparenchym war nicht mehr differenzierbar. Nach perinatologischem Konsil wurde der Antrag auf Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation gestellt. Nach entsprechender Aufklärung und Vorbereitung wurde in der 22.+ 6 SSW ein avitales Mädchen mit einem Gewicht von 685 g Gewicht geboren.

Bei unauffälligem weiblichem Karyotyp (46, XX) bestätigte sich in der Obduktion ein ausgedehnter intrazerebraler Tumor mit Porencephalie. Der Tumor bestand aus zystischen und soliden Anteilen sowie einem großen Blutungsherd (5 cm). Lage und Größe der Tumormasse führten pränatal zu einem rasch progredienten Hydrocephalus. Histopathologisch entsprach das Tumorgewebe einem reifen Teratom ohne Anhalt für Malignität und ohne assoziierte Fehlbildungen, abgesehen von einer biventrikulären Myokardhypertrophie. Die Plazenta war hypertroph.

Resultate In der differenzierten Sonografie sind Auffälligkeiten der fetalen Hirnstruktur bereits im zweiten Trimenon darstellbar, bei denen auch an seltene Erkrankungen gedacht werden muss. Ein fetales MRT kann die Diagnose präzisieren und erleichtert die Ausrichtung des peripartalen Managements.



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Article published online:
20 June 2022

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