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DOI: 10.1055/s-0042-1749502
„Postmortal Imaging and Biopsy Program“: Ein interdisziplinärer Ansatz zur ultraschallgesteuerten, bioptischen Gewebegewinnung bei Verstorbenen mit COVID-19
Zusammenfassung Der ganzheitliche Ansatz der Obduktion ermöglicht die Erkennung und Charakterisierung neuartiger Krankheiten. Die Covid-19-Pandemie hat daher weltweit das Interesse an Autopsien wiederbelebt.
Aus Überlegungen des Infektionsschutzes wurden initial Autopsien nur sehr zurückhaltend durchgeführt. Daher wurden innovative Konzepte und minimalinvasive Werkzeuge zur postmortalen Gewebeentnahme nötig.
An unserer Universität entwickelten wir im Rahmen des BMBF-Projektes „DEFEAT PANDEMICS“
(FKZ 01KX2021) ein postmortales Ultraschallprotokoll und Arbeitsanweisungen für standardisierte postmortale Multiorganbiopsien an COVID-19-Verstorbenen. Das Verfahren wurde von der Ethikkommission der TU München genehmigt.
In vielen Krankenhäusern ist die klinische Ultraschalluntersuchung die Domäne von Spezialisten aus der Inneren Medizin, sowohl für Diagnostik als auch für interventionelle Verfahren. Warum sollte man dieses Wissen also nicht auch im postmortalen Kontext einsetzen und so ein interdisziplinäres Team formen, das die Ultraschallfähigkeiten und das Wissen von Klinikern mit der Expertise von Pathologen verbindet? Das ist das Prinzip unseres Verfahrens der „minimal invasiven Autopsie“, das wir an der Technischen Universität München zu dem „PostmoRtal Imaging and biOpsy Program“ (PRIOR) weiterentwickelt haben.
In der Praxis führt der internistische Interventionalist zunächst eine postmortale Ultraschalluntersuchung durch, deren Ergebnisse dokumentiert und für die anschließenden Biopsieentnahmen berücksichtigt werden. Im Anschluss ist dann die Aufgabe des Interventionalisten die bestmögliche ultraschallgesteuerte Biopsielokalisierung; der Pathologe wiederum führt die Biopsienadel durch die am Ultraschallwandler befestigte Nadelführung, akustisch navigiert vom Interventionalisten, der die Punktion in Echtzeit am Ultraschallgerät verfolgt. Dieses „Vier-Hand“-Verfahren führt zu kürzeren Biopsiezeiten und auch zu einer besseren Qualitätskontrolle der Gewebeproben, da die Proben aus dem 14 Gauge-Highspeed-Biopsienadelsystem vom Pathologen sofort makroskopisch beurteilt werden, während der Interventionalist bereits die nächste optimale Biopsiestelle am Verstorbenen lokalisieren kann.
Von Juni 2020 bis März 2022 haben wir mit dieser Methode bislang 35 an COVID-19 verstorbene Patienten des Klinikums rechts der Isar untersucht. In diesem Beitrag berichten wir über Methodik, postmortale Ultraschallbefunde und histopathologische Ergebnisse.
Publication History
Article published online:
20 June 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
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