Gesundheitswesen 2022; 84(04): 404
DOI: 10.1055/s-0042-1745577
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
Fachausschuss Infektionsschutz
Workshops

Der Forschungsverbund zoonotische Bornaviren (Zoonotic Bornavirus Consortium, ZooBoCo)

Jürgen Rissland
,
Anna Marthaler
 

2014 wurde VSBV-1 (variegated squirrel borna virus 1) als neuer Zoonoseerreger nach dem Tod dreier Bunthörnchen Züchter identifiziert. Zwei weitere tödlich verlaufende Encephalitiden mit der Ursache VSBV-1 betrafen Zootierpfleger, welche Kontakt zu positiven exotischen Hörnchen hatten. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass auch das klassische Bornavirus, BoDV-1, als zoonotisches Virus Ursache von tödlich verlaufenden Enzephalitiden bei bislang über 25 entdeckten Fällen ist. Die Patienten hatten meist keine Vorerkrankungen und waren zum Teil auch minderjährig. In drei Fällen erfolgte die Infektion über Organspenden. In den weiteren Fällen ist der Übertragungsweg unklar. Eine Beteiligung von Feldspitzmäusen als einzigem bisher identifizierten Reservoirwirt bei der Übertragung gilt als wahrscheinlich

Als Endemiegebiet für BoDV-1 zeichnen sich u.a. große Teile Bayerns und Sachsen-Anhalts ab. Eine wirksame Therapie oder Impfprävention liegt nicht vor. Generell ist die Bekanntheit von Bornaviren bei Ärzten und in der Bevölkerung aufgrund der noch geringen Fallzahl gering. Momentan wichtig ist das frühzeitige Erkennen der Erkrankung, welche sich durch grippeähnliche Symptome in Kombination mit neurologischen Veränderungen präsentiert.

2017 wurde der mit Bundesmitteln finanzierte Forschungsverbund ZooBoCo zur Aufklärung des zoonotischen Potentials und der charakteristischen Eigenschaften von zoonotischen Bornaviren gegründet. Flächendeckendes Screening von Kleinsäugern und Hörnchen sowie Infektionsversuche bilden die Grundlage zur Identifizierung der Reservoirwirt-Spezies. Außerdem wird daran gearbeitet, die Übertragungswege zu erforschen und nach geeigneten Interventionsstrategien zu suchen. Dazu zählen auch gezielte Falluntersuchungen bei Tier und Mensch. Der Forschungsverbund besteht aus Mitgliedern der Veterinär- und Humanmedizin, Universitäten, klinischen Forschungsinstituten und staatlichen ÖGD-Institutionen.

Ziel dieses „One-Health“-Ansatzes ist nicht nur die Bildung einer soliden Risikobewertung als Grundlage zur Verbesserung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Die Erkenntnisse sollen auch zur Schaffung einer „Blaupause“ für die Entwicklung effektiver Instrumente im Zusammenhang mit zoonotischen Infektionen aus Tierreservoirs in Zoos und bei (exotischen) Haustieren dienen. Auf dem BVÖGD-Kongress 2022 werden die wichtigsten Ergebnisse präsentiert.

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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. April 2022

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