Gesundheitswesen 2022; 84(04): 389-390
DOI: 10.1055/s-0042-1745544
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
Fachausschuss Infektionsschutz
Vorträge

SARS-CoV-2-Attackrate auf Flugreisen: Ergebnisse zu 46 Flügen aus der Kontaktpersonennachverfolgung in Deutschland, Januar – März und Juni – August 2020

Felix Moek
1   Robert Koch-Institut, Postgraduiertenausbildung für Angewandte Epidemiologie (PAE), Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
,
Anna Rohde
2   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
,
Meike Schöll
1   Robert Koch-Institut, Postgraduiertenausbildung für Angewandte Epidemiologie (PAE), Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
,
Juliane Seidel
2   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
,
Jonathan Baum
1   Robert Koch-Institut, Postgraduiertenausbildung für Angewandte Epidemiologie (PAE), Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
,
Maria an der Heiden
2   Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
› Institutsangaben
 

Hintergrund Die Evidenz zur Häufigkeit einer SARS-CoV-2 Übertragung auf Flugreisen ist lückenhaft. Ziel der folgenden Untersuchung war daher, die Attackrate für den SARS-CoV-2 Wildtyp nach Exposition im Flugzeug zu schätzen. Die Ergebnisse sollen die wissenschaftliche Grundlage für die Anpassung künftiger Strategien für nicht-pharmakologische Interventionen (NPI) auf Flugreisen verbessern.

Methoden Zuständige Gesundheitsämter (GÄ) in Deutschland wurden nach ihren Ermittlungsergebnissen aus Flug-assoziierten Kontaktpersonennachverfolgungen befragt. Eingeschlossen in die Befragung wurden die Daten von GÄ solcher Flug-assoziierten Kontaktpersonen, welche das Team Internationale Kommunikation des Lagezentrums am Robert Koch-Institut im Rahmen der internationalen Kontaktpersonennachverfolgung an die zuständigen GÄ in Deutschland weitergeleitet hatte. Beobachtungszeiträume waren Januar bis März sowie Juni bis August 2020 (vor bzw. nach der allgemeinen Maskenpflicht auf Flugreisen).

Aus der bestehenden Dokumentation der GÄ wurde erhoben, ob die Kontaktpersonen erfolgreich erreicht werden konnten, Symptome entwickelt hatten, auf SARS-CoV-2 getestet wurden und ob eine weitere SARS-CoV-2 Exposition außer der Flugreise bekannt war.

Ergebnisse Für die Berechnung der Attackrate war die Datenqualität für 108 Personen ausreichend. 13 Personen (davon neun SARS-CoV-2 positiv) wurden aufgrund einer bekannten, weiteren Exposition außer der Flugreise von der Analyse ausgeschlossen. Die verbliebenen 95 Personen (Altersmedian 37, Interquartilsabstand, IQA 24-54; 42% weiblich), verteilten sich auf 46 Flüge mit einer Flugdauer von durchschnittlich 3 Stunden (IQR 2-3,5). 8/76 Personen mit Angaben dazu entwickelten Symptome, 35/68 Personen mit Angaben dazu wurden getestet. Es konnten vier wahrscheinliche, Flug-assoziierte Übertragungen (zwei davon nach Einführung der Maskenpflicht) identifiziert werden. Die Attackrate betrug 4,2% (4/95; 95% Konfidenzintervall, KI: 1,4-11,0%) insgesamt, 5,1% (2/39; 95% KI 0,9-18,6%) vor sowie 3,6% (2/56, 95% KI 0,6-13,4%) nach Einführung der Maskenpflicht.

Diskussion Das Risiko einer Ansteckung mit Wildtyp-SARS-CoV-2 auf Flugreisen scheint gering, aber nicht vernachlässigbar. Für die Formulierung einer effektiven, evidenzbasierten NPI Strategie bedarf es weiterer Studien, welche den Einfluss sowohl besorgniserregender Varianten als auch des Impfstatus der Kontaktpersonen berücksichtigen.

Interessenskonflikte Es bestehen KEINE Interessenskonflikte.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. April 2022

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