Gesundheitswesen 2022; 84(04): 371
DOI: 10.1055/s-0042-1745495
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
Fachausschuss Umweltmedizin
Vorträge

Gesundheitsrelevanz und Überwachung von Legionellen-haltigen Aerosolen aus Anlagen

Sandra Walser-Reichenbach
,
Mihai Zamfir
,
Johannes Redwitz
,
Christina Pirner
,
Stefanie Heinze
,
Caroline Herr
 

Legionellen sind natürlich vorkommende Bakterien, die aus der Umwelt in technische Wassersysteme wie z. B. Verdunstungskühlanlagen gelangen. Grundsätzlich muss mit einer umweltbedingten Infektionsgefährdung immer dort gerechnet werden, wo entsprechend belastete Wassermengen in der Luft als Aerosole verteilt werden. Das Einatmen dieser Legionellen-haltigen Bioaerosole kann beim Menschen zu dem milder verlaufenden Pontiac-Fieber oder zu schweren Lungenentzündungen mit möglicher Todesfolge, der sogenannten Legionärskrankheit, führen.

Walser et al. (2014) identifizierten 19 dokumentierte Legionellen-Ausbrüche von 2001–2012 die im Zusammenhang mit Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen oder Nassabscheidern als möglichen Quellen standen. Auch die Ausbrüche in Warstein (Eikmann et al., 2013) und Ulm (von Baum et al., 2010) werden mit Verdünstungskühlanlagen in Verbindung gebracht.

Um die Gefahr solcher Ausbrüche zu minimieren, hat die Bundesregierung 2017 die 42. BImSchV (Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider) erlassen. Am LGL wird in einem Projekt, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV), die Umsetzung der Verordnung in Bayern unterstützt. Dafür werden verschiedene Informationsmaterialen (Flyer, Broschüre, Webseite) und Veranstaltungen für die betroffenen Zielgruppen (Betreiber, Behörden etc.) entwickelt und angeboten. Auf der Webseite des Projekts (www.lgl.bayern.de/info-42-BImSchV) sind Informationen zu den Veranstaltungen, FAQs sowie eine Broschüre abrufbar. Bisher wurden drei Veranstaltungen online durchgeführt. Die Veranstaltungen stießen mit insgesamt 250 Teilnehmern auf großes Interesse und in den nächsten zwei Jahren sind weitere Veranstaltungen geplant.

Daneben werden am LGL Untersuchungen zu neuen potentiellen Quellen für Legionellen-Infektionen durchgeführt, wie z. B. Fahrzeugwaschanlagen, ebenfalls gefördert durch das StMUV. Bei diesen kommt es zu einer starken Vernebelung des genutzten Wassers. Dabei können Legionellen-haltige Bioaerosole entstehen. Fälle von Legionellen-Infektionen bei Kunden von Fahrzeugwaschanlagen sind in den letzten Jahren zudem mehrfach beschrieben worden (Euser et al., 2013; Baldovin et al., 2018). Für die Untersuchung der Wasser- und Luftproben dienen neben der Kulturmethode auch neue kulturunabhängige Verfahren wie Lebensfähigkeits-qPCR.

Literatur Walser SM, Gerstner DG, Brenner B, Höller C, Liebl B, Herr CE. Assessing the environmental health relevance of cooling towers– a systematic review of legionellosis outbreaks. Int J Hyg Environ Health. 2014 Mar; 217(2-3): 145–54.

Eikmann T, Tesseraux I, Herr CE. Hilft der Legionellen-Ausbruch in Warstein endlich, die notwendigen (umwelthygienischen) Konsequenzen zu ziehen? Umweltmedizin, Hygiene, Arbeitsmedizin. 2013; (18): 301.

von Baum H, Härter G, Essig A, Lück C, Gonser T, Embacher A, Brockmann S. Preliminary report: outbreak of Legionnaires disease in the cities of Ulm and Neu-Ulm in Germany, December 2009 – January 2010. Euro Surveill. 2010 Jan 28; 15(4): 19472.

Euser SM, de Jong S, Bruin JP, Klapwijk HP, Brandsema PS, Reijnen L, Den Boer JW. Legionnaires' disease associated with a car wash installation. Lancet. 2013 Dec 21; 382(9910): 2114.

Baldovin T, Pierobon A, Bertoncello C, Destefani E, Gennari M, Stano A, Baldo V. May car washing represent a risk for Legionella infection? Ann Ig. 2018 Jan-Feb; 30(1): 57–65.

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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. April 2022

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