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DOI: 10.1055/s-0042-1745484
Zwang und Zwangsvermeidung aus Perspektive der Klinik
offener Block: Zwang(svermeidung)
Format Podiumsdiskussion nach fünf Inputs
Richter: Hendrik Haußmann
Klinikchef Magdeburg: Prof. Dr.med. Wolfgang Jordan, MBA, MIM
SpDi: Klaus Petzold
Betroffene: Franz-Josef Wagner
Angehörige: Heike Petereit-Zipfel
Zwang und Zwangsvermeidung waren bereits im Rahmen der Psychiatrieenquete und den 1988 erschienenen Empfehlungen der Expertenkommission ins Blickfeld der psychiatrischen und insbesondere sozialpsychiatrischen Arbeit gerückt. Viele PsychKG´s der Länder hatten die Vermeidung von Zwang und die Stärkung der Rechte untergebrachter Menschen schon Anfang der 2000er festgeschrieben. Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention rückte das Thema Zwang in der Psychiatrie zunehmend auch in den Fokus der Justiz und führte in der Folge zu diversen gesetzlichen Regelungen. Dies wiederum gab den Initiativen und auch der Forschung zur Vermeidung von Zwang neuen Auftrieb. Neben vielen Verbesserungen und einem deutlich höheren Schutz der Patientenrechte hat die gesetzliche Entwicklung aber auch zu gravierenden nachteiligen Folgen für die betroffenen Menschen, deren Umfeld und den mit der Versorgung betrauten Professionellen geführt.
Inputs Wesentliche Aspekte aus Sicht der Klinik:
In der Versorgungsrealität scheinen die Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem Respekt der Selbstbestimmung auch bei psychisch Kranken und deren Umsetzung in Landes-PsychKG´s in weiten Kreisen der Gesellschaft noch nicht angekommen zu sein. Unverändert sollen psychiatrische Kliniken rein ordnungspolitische Funktionen für Personen mit störendem Verhalten übernehmen. Die vorhandenen Ressourcen reichen dann für die Erfüllung der Pflichtversorgung, Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung jederzeit aufnehmen und behandeln zu können, nicht mehr aus. Neben einer gesetzeskonformen Anwendung der PsychKG´s sind verpflichtende Schulungsangebote zu spezifischen psychiatrischen Störungsbildern und den rechtlichen Grundlagen zu einer Aufnahme und Behandlung gegen den Willen für Polizisten und im Rettungswesen Tätige, der Aufbau niederschwelliger Überwachungsstrukturen für alkoholisierte Personen und eine kommunale Daseinsfürsorge mit der Etablierung von Krisenpensionen oder -hotels erforderlich.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit kurzen Inputs der Beteiligten soll diese Entwicklung und die aktuelle Situation aus der Perspektive der Kliniken, der Justiz und der sozialpsychiatrischen Dienste diskutiert werden.
Interessenskonflikte Keine.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. April 2022
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