Gesundheitswesen 2022; 84(04): 353
DOI: 10.1055/s-0042-1745449
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
Fachausschuss Infektionsschutz
Vorträge

Ein ganzer Ort in Aufruhr – Fallmanagement bei einem Tuberkuloseausbruch mit ungewöhnlich vielen Ansteckungen und Folgefällen an einer Schule

Susanne Sonnberg
1   Gesundheitsamt Karlsruhe, Infektionsschutz, Karlsruhe, Germany
,
Christiane Wagner-Wiening
2   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Referat 92 Gesundheitsschutz und Epidemiologie, Stuttgart, Germany
,
Stefan Brockmann
2   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Referat 92 Gesundheitsschutz und Epidemiologie, Stuttgart, Germany
,
Ulrich Wagner
1   Gesundheitsamt Karlsruhe, Infektionsschutz, Karlsruhe, Germany
› Institutsangaben
 

Ende Mai 2019 wurde nach mehrmonatiger Symptomatik bei einem 16 -jährigen Schüler eine mikroskopisch offene Lungentuberkulose diagnostiziert. Die mögliche Infektionsquelle konnte im privaten Kontext ermittelt werden. Bei der Umgebungsuntersuchung (Uu) fanden sich im privaten und schulischen Umfeld insgesamt 121 Ansteckungen (IGRA positiv bzw. latente Infektionen) und zwölf Folgeerkrankungen, vier der Folgeerkrankungen wiesen eine geringe Ansteckungsfähigkeit, 1 Fall wies fraglich eine höhere Ansteckungsfähigkeit auf. An der Schule wurden in einer mehrstufigen Uu alle 289 Schüler untersucht. Dabei konnten über alle Klassenstufen hinweg 100 Ansteckungen identifiziert werden. In der Jahrgangsstufe des Indexpatienten kam es bei 88% der Schüler zur Ansteckung, in den Klassen der anderen Jahrgangsstufen in 0 bis 33%. Auch 12 Beschäftigte (17%) waren betroffen.

Die hohe Zahl von Ansteckungen in der betroffenen Jahrgangsstufe führte bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu Berichten der Presse und regem Austausch in sozialen Netzwerken mit Verbreitung von Fehlinformationen. Im weiteren Verlauf erreichten das Gesundheitsamt unzählige sorgenvolle Anfragen und Vorwürfe aus nahezu allen am Ort befindlichen Institutionen. Die weitere Zunahme der Ansteckungen und Fälle führte durch ein bundesweites Medienecho zu einer Kräfte bindenden Öffentlichkeitsarbeit.

Im Fallmanagement bewährte sich die intensive und offene Zusammenarbeit mit der betroffenen Schule und der regelmäßige Informationsaustausch mit der Gemeinde, der Schulbehörde, den Schulleitern und Elternvertretern.

Um die Ursachen der hohen Anzahl der Infektionen an der Schule und die Ansteckungen über die Klassenstufen hinweg zu untersuchen erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg eine weitergehende Ausbruchsuntersuchung.

Hypothesen für die hohe Anzahl an Ansteckungen in der Schule sind die hohe Infektiosität, der lange Krankheitsverlauf sowie eine Vielzahl von Kontaktmöglichkeiten im Schulalltag.

Interessenskonflikte

  • Anstellungsverhältnis oder Führungsposition: Ärztin im GEsundheitsamt, Infektionsschutz

  • Beratungs- bzw. Gutachtertätigkeit-KEINE

  • Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien oder Fonds-KEINE

  • Patente, Urheberrecht, Verkaufslizenz-KEINE

  • Honorare-KEINE



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. April 2022

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