Laryngorhinootologie 2017; 96(1): 63-64
DOI: 10.1055/s-0042-124254
Facharztfragen
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Publikationsdatum:
03. Februar 2017 (online)

Innenohr, Gleichgewichtssinn und Otobasis

Sprechen Sie über die Komplikationen der akuten Otitis media!

Antwort Die akute Otitis media ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Säuglings- und Kindesalters. Zu den Komplikationen zählen: Mastoiditis, Sinusvenenthrombose, otogene Meningitis, Labyrinthitis und Hirnabzesse.

Die Mastoiditis ist die häufigste Komplikation. Bei Persistenz der Entzündung der Mittelohrschleimhaut, bei fehlender oder nicht adäquater Therapie kann sich die Entzündung ins Mastoid ausbreiten und dort zu einer eitrigen Entzündung führen, die eine Knochennekrose und Einschmelzung insbesondere bei Kleinkindern bedingt. Klinisch ist die Mastoiditis gekennzeichnet durch eine retroauriculäre Rötung und Schwellung mit abstehender Ohrmuschel. Das Trommelfell ist gerötet und vorgewölbt, die hintere obere Gehörgangswand kann abgesenkt sein. Häufig ist ein reduzierter Allgemeinzustand mit Fieber. Bei Ausbreitung der Entzündung in den Ansatz des M. sternocleidomastoideus (syn. Betzold-Mastoiditis) besteht eine Schiefstellung des Halse durch die schmerzbedingte Schonhaltung. Therapeutisch erfolgt die Sanierung des Entzündungsprozesses über eine Mastoidektomie, häufig kombiniert mit einer Paracentese oder Paukendrainage.

Bei weiterer Ausbreitung der Entzündung über das Mastoid hinaus kann eine Weiterleitung in den Sinus sigmoideus und die angrenzenden Meningen erfolgen. Die Sinusvenenthrombose zeigt neben den Zeichen der Mastoiditis ein septisches Krankheitsbild mit Fieber, reduziertem Allgemeinzustand und Kopfschmerzen. Therapeutisch erfolgt die Mastoidektomie mit Thrombektomie sowie die hochdosierte intravenöse Antibiose und ggf. eine Heparinisierung.

Die otogene Meningitis entsteht in den meisten Fällen durch die fortgeleitete Entzündung aus einer Mastoiditis oder über präformierte Verbindungen (Knochenlücken, Gefäße, Fehlbildungen) aus einer akuten Otitis media. Symptome sind akute Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Fieber, Kopfschmerzen, Lichtscheu, Übelkeit, Erbrechen, Somnolenz und Apathie. Therapeutisch erfolgt die Sanierung des Ausgangsherdes über eine Mastidektomie und die hochdosierte intravenöse Antibiose.

Abszesse treten subdural oder epidural zwischen Dura und Periost durch Weiterleitung der eitrigen Mastoiditis nach Knocheneinschmelzung auf. Die Symptome können denen einer otogenen Meningitis entsprechen, bei vorgelaufener Antibiose kann die Symptomatik auch unspezifischer mit subfebrilen Temperaturen und Kopfschmerzen umfassen. Therapeutisch erfolgen nach Bildgebung (CT mit Kontrastmittel, ggf. MRT) die Mastoidektomie, die Abszessentlastung und die hochdosierte intravenöse Antibiose.

Die Labyrinthitis entsteht durch eine fortgeleitete Infektion über das runde oder ovale Fenster. Sie kann im Anfangsstadium der akuten Otitis media als virale Labyrinthitis oder im weiteren Krankheitsverlauf als bakterielle Labyrinthitis auftreten. Symptomatisch bestehen neben Ohrenschmerzen Schwindel und Innenohrschwerhörigkeit. Bei Ausbreitung der Entzündung in die Pyramidenspitze (syn. Petrositis, Gradenigo-Syndrom) kommt zu Kopfschmerzen, Abduzensparese und Trigeminusreizung mit Schmerzen. Therapeutisch erfolgt nach Bildgebung die operative Sanierung des Entzündungsherdes in Kombination mit einer hochdosierten intravenösen Antibiose und Kortisongabe.