Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2017; 22(03): 150-158
DOI: 10.1055/s-0042-122162
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Marktdurchdringung von neuen Arzneimitteln

Ein Vergleich der zeitlichen Entwicklung vor und nach Einführung der frühen Nutzenbewertung nach § 35a SGB VMarket penetration of new drugs A comparison of the development before and after implementation of the early benefit assessment under § 35a SGB V
Christoph de Millas
,
Ariane Höer
,
Anne Zimmermann
,
Bertram Häussler
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Dezember 2016 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wurde 2011 die frühe Nutzenbewertung in Deutschland eingeführt. Die vorliegende Analyse untersucht, ob in den ersten zwei Jahren nach Markteinführung ein Unterschied in der Marktdurchdringung für Neueinführungen vor und nach AMNOG besteht und ob die Höhe des Zusatznutzens die Marktdurchdringung beeinflusst.

Methodik Die Analyse betrachtet 65 bzw. 40 Wirkstoffe, die vor bzw. nach Einführung der frühen Nutzenbewertung in den Markt kamen (Prä- bzw. Post-AMNOG-Wirkstoffe). Markteinführung der Wirkstoffe war zwischen Januar 2005 und Dezember 2013. Die Marktdurchdringung wurde berechnet als Anteil des realen ambulanten Verbrauchs in der gesetzlichen Krankenversicherung gemessen in definierten Tagesdosen (DDD – „defined daily dose“) am zu erwartenden Verbrauch auf der Grundlage der Zielpopulation. Zur Operationalisierung des Zusatznutzens wurden die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses abhängig von Zusatznutzen und Ergebnissicherheit auf einer Ordinalskala bewertet.

Ergebnisse Über alle Wirkstoffe hinweg erreichten die Post- im Vergleich zu den Prä-AMNOG-Wirkstoffen im Durchschnitt eine numerisch höhere Marktdurchdringung. Der Unterschied war nicht statistisch signifikant. An zwei Anwendungsgebieten wird beispielhaft gezeigt, dass die Marktdurchdringung von den spezifischen Marktgegebenheiten abhing. Es konnte kein Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Nutzenbewertung und der Höhe der Marktdurchdringung nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Analyse geben weder einen Hinweis darauf, dass die frühe Nutzenbewertung die Anwendung neuer Arzneimittel fördert, noch dass sie diese behindert.

Abstract

Aim In 2011, the early benefit assessment was implemented in Germany with the AMNOG reform. Firstly, this study analyzes if there is a difference in market penetration in the first two years for new drugs with market entry before and after AMNOG. Secondly, the relation between additional benefit and market penetration is analyzed.

Method The analysis includes 65 drugs with market entry before introduction of the early benefit assessment (Pre-AMNOG-drugs) and 40 drugs with market entry after (Post-AMNOG-drugs). Market entry was between January 2005 and December 2013. Market penetration is defined as the share of the observed consumption on the expected consumption derived from the target population. Consumption is measured in defined daily doses (DDD) for outpatient market of the statutory health insurance (GKV). The decisions of the Federal Joint Committee (G-BA) about benefit and certainty of results is transferred into an ordinal scale.

Results Over all drugs, Post-AMNOG-drugs achieved on average a higher market penetration in comparison to Pre-AMNOG-drugs. The difference was not statistically significant. It is shown for two therapeutic indications that the market penetration depended on the specific characteristics of the market. Furthermore, it was not possible to demonstrate a connection between the results of the early benefit evaluation and market penetration.

Conclusion The results of the analysis give no indication that the early benefit assessment supports or impairs market penetration of newly launched drugs.