Editorial

HAMSTRING-VERLETZUNG – die bekannte Unbekannte

Im europäischen Profifußball stellen Muskelverletzungen das häufigste Trauma dar und machen rund ein Drittel aller akuten Fußballverletzungen aus. Sie sind verantwortlich für rund 25 % der Absenzen. 12 % aller akuten Verletzungen betreffen die Hamstrings. Pro Team sind das circa fünf Verletzungen pro Saison. In anderen Spielsportarten wie Rugby und Fußball sowie in Sprintdisziplinen der Leichtathletik zeigt sich ein ähnliches Bild.

Trotz dieser enormen Häufigkeit und viel Forschung im Bereich Muskel- und insbesondere Hamstring-Verletzungen gibt es nach wie vor viele Unklarheiten zur Verletzungsschwere, Verletzungsdauer, Prävention und Rehabilitation. Das Schwerpunktthema Hamstring-Verletzungen soll dazu beitragen, Bekanntes mit aktueller Evidenz noch zu untermauern und da, wo noch keine Klarheit herrscht, aufzuzeigen, in welche Richtung die Forschung geht.

Der australische Hamstring-Experte David Opar zeigt uns im Einführungsartikel den aktuellen Stand zu den Themen Risikofaktoren, Prävention und Klassifikationen auf. Im Vertiefungsartikel von Gustaaf Reurink und Arnlaug Wangensteen erfahren wir, ob die im Spitzensport fast standardmäßig durchgeführte Bildgebung bei Muskelverletzungen überhaupt sinnvoll ist und welche Funktionsmessungen ähnlich aussagekräftig sind. Im Fallbeispiel zeigt uns der in Katar arbeitende Sportphysio Nicol van Dyk wichtige klinische Meilensteine der Rehabilitation.

Dass noch immer Bedarf an Information zum Thema besteht, zeigen folgende Zahlen: Die Verletzungsrate steigt noch immer an; seit 2001 werden im Spitzenfußball jährlich 4 % mehr trainingsbedingte Hamstring-Verletzungen verzeichnet. Und auch wenn schon länger bekannt ist, dass mit dem Nordic Hamstring Exercise das Risiko von Hamstring-Verletzungen um 50 % verringert werden kann, konnte die Implementierung in den Trainingsbetrieb bisher nicht erfolgreich durchgeführt werden: Von 50 professionellen Fußballteams wurden 83 % als non-compliant eingestuft.

Wir hoffen, mit diesem Schwerpunktthema Bekanntes doch wieder neu für euch hervorzuheben und euch für das noch Unbekannte sowie für das Notwendige zu sensibilisieren, und wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Martina Leusch und das Herausgeber-Team der Sportphysio

Wie Sie wahrscheinlich schon gemerkt haben, haben wir unser Cover modernisiert. Wir hoffen, es gefällt Ihnen. Außerdem gibt es ab sofort am Ende jedes Schwerpunktartikels eine Take Home Message.