Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(06): 267
DOI: 10.1055/s-0042-120836
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bisherige Angaben zu Endemiegebieten müssen revidiert werden

Tsutsugamushi-Fieber breitet sich weltweit aus
Gerd Burchard
1   Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit
,
Bernhard Fleischer
1   Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit
2   Hamburg
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Publication Date:
15 December 2016 (online)

Kommentar

Lehrbuchwissen ist, dass Tsutsugamushi-Fieber in Asien vorkommt, es ist endemisch im sogenannten Tsutsugamushi-Dreieck von Japan/China bis Indien und Nordaustralien. Man rechnet mit etwa einer Million klinischer Fälle pro Jahr. Im Manson‘s Tropical Diseases (23. Auflage) steht: „Scrub typhus is a cause of febrile illness in rural areas of Asia and Nothern Australia“. In „Tropenmedizin in Klinik und Praxis“ von Löscher/Burchard steht: „Das Tsutsugamushi-Fieber ist auf dem Indischen Subkontinent, in Ost- und Südasien und Nordaustralien sowie auf den Inseln des Westpazifiks und des Indischen Ozeans verbreitet“. Diese Angaben müssen jetzt revidiert werden.

Zum einen ist es in den letzten Jahren zu einer Ausbreitung der Erkrankung innerhalb Asiens gekommen. In Südkorea wurden von 1951–1985 keine autochthonen Fälle beschrieben, danach kam es zu einem deutlichen Anstieg [2]. In China [3] ist es zu einer Ausbreitung nach Norden gekommen (möglicherweise als Folge des Klimawandels). Zum anderen wird Orientia jetzt aber auch auf anderen Kontinenten gefunden. Bereits 2015 wurden Antikörper gegen O. tsutsugamushi bei Kindern mit Fieber in Kenia nachgewiesen [4], [5]. Orientia-DNA wurde in Mäusen und Mastomys-Ratten im Senegal gefunden [6]. Erwähnenswert ist auch, dass eine andere Orientiaart (O. chuto) in einem fieberhaften Patienten nach Dubaireise gefunden wurde [7].

Thomas Weitzel (früher als Mikrobiologe in Hamburg und jetzt in der Clinica Alemana, Universidad del Desarrollo in Santiago tätig) und Kollegen beschreiben jetzt 3 Fälle in Südamerika. Das Auftauchen einer zoonotischen und vektorübertragenen Infektion fernab der bisher bekannten Infektionsgebiete provoziert natürlich die Frage nach einem Transport der Vektoren, zum Beispiel mit Reisenden. Diese Frage kann zurzeit nicht beantwortet werden. Möglich erscheint jedenfalls, dass der Erreger bereits seit Langem unerkannt in Naturherden außerhalb Asiens persistiert. Dem New England Journal of Medicine war dieser Befund auch ein Editorial wert [8].

Anzufügen bleibt, dass das Tsutsugamushi-Fieber auch in der Reisemedizin wichtig ist: Die Krankheit wird insgesamt zwar nur selten importiert, kann aber schwierig zu diagnostizieren sein und komplizierte Verläufe aufweisen [9]. Man sollte bei unklarem Fieber daran denken, insbesondere bei Vorliegen einer Leukozytose, einer Thrombozytopenie und erhöhten Leberwerten, aber auch bei respiratorischer Insuffizienz, Kreislaufschock, Nierenversagen oder ZNS-Beteiligung [10], [11].