Handchir Mikrochir Plast Chir 2017; 49(02): 132-133
DOI: 10.1055/s-0042-119723
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Morbus Paget einer durch Nipple-sharing rekonstruierten Mamille 25 Jahre nach Mamillenrekonstruktion

Occurence of Paget’s Disease in a Reconstructed Nipple 25 years after Performing Nipple Sharing Technique
S. Kühn
1   Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main
,
N. Josipovic
1   Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main
,
L. Kasper
1   Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main
,
M.-O. Riener
2   Gemeinschaftspraxis für Pathologie, Pathologie, Frankfurt
,
U. M. Rieger
1   Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main
,
A. Bozkurt
1   Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main
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Publication History

Publication Date:
21 March 2017 (online)

Eine 57-jährige Patientin erkrankte 1988 an einem intraduktalen Mammakarzinom der rechten Brust (T1 N1 G3 M0, HR negativ). Es erfolgte eine Ablatio mammae einschließlich des Mamillen-Areola-Komplexes (MAK) und primärer Brustrekonstruktion mit Silikonimplantaten sowie adjuvanter Chemotherapie. Zwei Jahre später erfolgte die MAK-Rekonstruktion mittels Nipple-Sharing von der kontralateralen (linken) Seite. Nach sieben weiteren Jahren wurde bei der Patientin auf der linken Seite ein Morbus Paget der linken Mamille (pTis G2-3 Ö/pos Ki67:15%) diagnostiziert. Hierauf erfolgte linksseitig ebenfalls eine Ablatio mammae unter Mitnahme der Mamille mit anschließender Brustrekonstuktion ohne Rekonstruktion der linken Mamille.

27 Jahre nach Erstdiagnose des rechten Mammakarzinoms und 18 Jahre nach Diagnose des M. Paget der linksseitigen Mamille stellte sich die Patientin in unserer Klinik mit umschriebener progredienter Rötung der rechten rekonstruierten Mamille vor ([Abb.1]). Nach der Inzisionsbiopsie ergab die histopathologische Untersuchung (HE-Färbung, zusätzlich Alcianblau- und PAS-Reaktionen) intraepitheliale Proliferationen atypischer großer pleomorpher Zellen mit deutlich hyperchromatischen Kernen ([Abb. 2]), entsprechend eines M. Pagets der Mamille mit Überexpression von Her- 2/neu (score 3) Ö/P neg (IRS jeweis 0) [1]. Nach Fallbesprechung im interdisziplinären Brustzentrum erfolgte die vollständige Exzision der Mamille. Die Patientin entschied sich gegen eine erneute MAK-Rekonstruktion.

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Abb. 1 Morbus Page der rechten Brust nach Nipple-Sharing von der linken Gegenseite.
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Abb. 2 Mikroskopischer Befund (HE-Färbung) mit großen pleomorphen Zellen mit deutlich hyperchromatischen Kernen

In 2–3% der Brustneoplasien wird ein M. Paget-Karzinom festgestellt. In 82–92% der Fälle mit Beteiligung des MAK durch tieferliegende invasive oder duktale carcinoma in situ [2] [3]. Der vorgestellte Fall zeigt ein seltenes, dennoch nicht zu vernachlässigendes Beispiel aus der Kombination M. Paget und Nipple Sharing nach über 25 Jahren. Die Literatur beschreibt eine Vielzahl verschiedener MAK-Rekonstruktionsmethoden, wobei das Nipple-Sharing eine noch häufig genutzte Methode darstellt [4]. Unbeantwortet bleibt die Frage, ob bereits zum Zeitpunkt der Mamillenrekonstruktion bzw. der Diagnose des M. Paget der linken Mamille malignomverdächtige Zellen im Transplantat vorhanden waren oder die Diagnose des M. Paget auf eine de novo Entstehung durch lokal originäre Zellen zurückzuführen ist. Eine histopathologische Differenzierung zwischen einem M. Paget entstanden durch Infiltration von bereits bestehenden Pagetzellen der transplantierten Epithelien in das tiefergelegene Gewebe oder umgekehrt durch das Einwachsen von Pagetzellen aus dem tiefergelegenen Gewebe in die transplantierte Epidermis ist nicht möglich. Rückblickend steht ebenfalls zur Diskussion, ob eine Biopsie der rekonstruierten rechten Mamille zum Zeitpunkt des M. Paget Nachweises der noch originären linken Mamille, hätte durchgeführt werden sollen.

Unserer Literaturrecherche (PubMed) zufolge enthält die vorliegende Beschreibung erst den zweiten publizierten Fall eines M. Paget nach Nipple-Sharing. In der Publikation von Basu et al. wird ebenfalls die unzureichende Diskussion der Möglichkeit einer Malignomentwicklung durch transplantiertes Brustgewebe aufgezeigt [5]. Anhand der vorliegenden Fallvorstellung wird das vorhandene Risiko von Malignomentstehung der rekonstruierten Mamille nach kontralateralem Nipple-Sharing veranschaulicht. Dieses, wenn auch nur geringe, Risiko sollte vor Indikationsstellung bedacht und mit betroffenen Patienten besprochen werden.

 
  • Literatur

  • 1 Zhao L, Yang X, Khan A. et al. Diagnostic role of immunhistochemistry in the evaluation of breast pathology specimens. Arch Path Lab Med 2014; 138: 16-24
  • 2 Wraight WM, Davidson JA. Nipple sharing for nipple-areola complex reconstruction. Still a useful technique. J Plast Reconstr Aesthet Surg. 2006; 59: 1471-1472
  • 3 Lloyd J, Flanagan AM. Mammary and extramammary Paget’s disease. J Clin Pathol 2000; 53: 742-749
  • 4 Farhadi J, Maksvytyte GK, Schaefer DJ. et al. Reconstruction of the nipple–areolar complex: an update. J Plast Reconstr Aesthet Surg. 2006; 59: 40-53
  • 5 Basu CB, Wahba M, Bullocks JM. et al. Paget disease of a nipple graft following completion of a breast reconstruction with a nipple-sharing technique. Ann Plast Surg 2008; 60: 144-145