physiopraxis 2017; 15(01): 50-53
DOI: 10.1055/s-0042-119501
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Publication Date:
07 January 2017 (online)

Stehen unsere Augen jemals still? – Antwort des Monats

Unsere Augen vollziehen permanent kleinste Bewegungen. Der Eindruck, einen Punkt vollkommen ruhig fixieren zu können, trügt. Schnelle, ruckartige Mikrobewegungen dienen ein- bis dreimal pro Sekunde der Fixationskontrolle. Um nicht abzuweichen, wird die eigene Blicklinie immer wieder auf das zu betrachtende Objekt zurückgeführt.

Wie Diplom-Psychologin Ute Dürrwächter herausstellt, gilt Ähnliches für das Lesen eines Textes. Entgegen der Annahme, die Augen gleiten kontinuierlich über den Text und halten nur bei schwierigen Stellen an, bewegen sich die Augen in Sprüngen. Zwischen diesen sogenannten Sakkaden kommt es während des Lesevorgangs zu Haltephasen, in denen dann die Informationsaufnahme erfolgt. Diese Fixationen nehmen 90 bis 95 Prozent der Lesezeit in Anspruch. Der Lesevorgang geschieht somit die meiste Zeit in relativer Ruhe.

Wer einen Blick in den Spiegel wirft, kann ein weiteres Phänomen erkennen: Man selbst sieht nicht, wie sich das Auge bewegt, wenn man zunächst das rechte Auge fixiert und dann auf das linke schaut. Ein anderes Experiment ist der Blick auf die Uhr. Die erste Sekunde, nach dem Hinschauen wirkt ungewöhnlich lang. Erst wenn diese vergangen ist, scheint die Uhr ihren gleichmäßigen Rhythmus wiedergefunden zu haben. Was passiert? Bei der Bewegungsverarbeitung überbrückt das Gehirn die Augenbewegung, während derer das Bild auf der Netzhaut verschwimmt. Es füllt einige Mikrosekunden mit einem Bild des Zielpunktes – hier die stillstehende Uhr.

romi