Der Klinikarzt 2016; 45(09): 386
DOI: 10.1055/s-0042-116791
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Was bei Rheuma wirklich hilft

Rauchstopp oder Ernährungsumstellung?
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Publikationsdatum:
21. September 2016 (online)

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündliche Rheuma-Erkrankung in Deutschland: Hierzulande sind rund 550 000 Erwachsene davon betroffen. Wer raucht oder geraucht hat, zeigt ein viel höheres Risiko, eine RA zu entwickeln, als ein Nichtraucher. „Vor allem die Dauer des Rauchens hat einen starken Einfluss auf die Entstehung einer rheumatoiden Arthritis“, sagt Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. Eine Metaanalyse aus 10 Studien an 4552 Patienten mit RA hat ergeben, dass das Erkrankungsrisiko von Personen, die über eine Zeitspanne von 1–10 Jahren durchschnittlich täglich eine Packung mit 20 Zigaretten rauchen, schon um 26 % erhöht ist. Bei Rauchern, die die gleiche Menge über 21–30 Jahre hinweg konsumieren, ist das Risiko sogar doppelt so hoch wie bei Nichtrauchern.

Wie bei jeder Autoimmunerkrankung richtet sich auch bei Rheuma die körpereigene Abwehr gegen den Körper selbst, anstatt diesen vor Schäden von außen zu schützen. Diese fehlgeleitete Immunabwehr ruft entzündliche Prozesse hervor – in Gelenken, Organen, Muskeln oder auch Blutgefäßen. Bei rheumatoider Arthritis wenden sich die „Antikörper“ gegen bestimmte Eiweiße in den Geweben, die sogenannten citrullinierten Peptide. Stoffe im Zigarettenrauch begünstigen die Bildung dieser Eiweiße. Auf diese Weise kann Rauchen die entzündliche Gelenkerkrankung hervorrufen oder sie verschlimmern. Die Expertin sagt deshalb: „Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen raten wir dringend vom Rauchen ab. Besser noch: Es sollte erst gar nicht angefangen werden, zu rauchen.“

Die Ernährung spielt ebenfalls eine Rolle bei rheumatischen Erkrankungen – wenn auch in geringerem Umfang. Bedeutung wird dabei der sogenannten Mittelmeer-Diät beigemessen. Sie beinhaltet viel Gemüse, Obst, Fisch und Meeresfrüchte, Vollkornprodukte und Olivenöl, aber wenig rotes Fleisch. Die Ergebnisse von aktuellen Langzeitstudien aus Boston mit 174 638 Frauen zeigen jedoch, dass kein Zusammenhang zwischen einer mediterranen Diät und dem RA-Risiko nachgewiesen werden konnte. Gromnica-Ihle hat dennoch einige Tipps, mit welcher Ernährung das Risiko verringert werden kann, an einer RA zu erkranken: „Es ist empfehlenswert, häufig Fisch und Meeresfrüchte zu essen, denn die Omega-3-Fettsäuren können einen prophylaktischen Effekt haben“, so die Rheumatologin. Wer bereits an einer rheumatoiden Arthritis erkrankt sei, würde gelegentlich feststellen, dass es beim Genuss bestimmter Speisen zu einer Zunahme der Beschwerden komme. Dann sei es sinnvoll, die betreffenden Nahrungsmittel zu meiden. Zudem ist bekannt, dass deutlich übergewichtige Menschen ein höheres Risiko haben, an einer RA zu erkranken.

Nach Ansicht von Professor Dr. Ulf Müller-Ladner, DGRh-Tagungspräsident und Ärztlicher Direktor der Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim gilt: „Im Hinblick auf den Lebensstil der Patienten bleibt für die Prävention und Behandlung von Rheuma der Verzicht auf das Rauchen entscheidend. Hier hat der Patient maximale Einflussmöglichkeiten.“ Gesunde, mediterrane Ernährung sei zur Vermeidung von Übergewicht sowie für eine gute Gesamtgesundheit wichtig und damit trotz eines nur eingeschränkt nachweisbaren Zusammenhangs zur Rheuma-Erkrankung empfehlenswert.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh).