Zusammenfassung
Das Schlüsselsymptom der überaktiven Blase (ÜAB) ist der imperative – plötzlich, ohne
Vorwarnung auftretende – Harndrang, der schwer kontrollierbar ist, einen sofortigen
Toilettengang erfordert und in der Regel mit gehäuften Blasenentleerungen tags und
nachts sowie mit oder ohne Dranginkontinenz einhergeht. Die Behandlung der ÜAB ist
in erster Linie eine konservative. Von großer Bedeutung ist die Erkennung von Krankheitszuständen
und Befunden, die symptomatisch eine ÜAB verursachen, wie Harnwegsinfektionen, Östrogenmangel,
infravesikale Obstruktion, aber auch eingenommene Medikamente sowie Ausschluss einer
„neurogenen“ Detrusorüberaktivität als Ursache der Beschwerden.
Bei der idiopathischen ÜAB besteht die Therapie der ersten Wahl (First-Line-Treatment)
aus verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und Pharmakotherapie. Die Verhaltenstherapie
umfasst die Änderung von Lebensgewohnheiten sowie Blasentraining und Beckenbodentraining.
Medikamente der ersten Wahl sind die Antimuskarinika. Die verschiedenen Antimuskarinika
unterscheiden sich nicht so sehr in ihrer Wirksamkeit als vielmehr hinsichtlich ihres
Nebenwirkungsprofils. Dieses ist insofern von Bedeutung, da die Nebenwirkungen nicht
unerheblich sind und wesentlich für die eher niedrigere Compliance der Patienten,
was die anhaltende Einnahme dieser Medikamente angeht, verantwortlich sind.
Eine Alternative zu den Antimuskarinika ist der Beta-3-Rezeptor-Agonist Mirabegron,
der über Aktivierung der sympathischen Innervation zur Detrusorrelaxation führt. Die
Wirksamkeit von Mirabegron wurde in umfangreichen Studien bewiesen, sie entspricht
etwa der von Tolterodin. Der große Vorteil ist, dass Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit
oder Obstipation in Placebo-Niveau liegen. Hypertoniker sollten wegen der Gefahr einer
weiteren Blutdruckerhöhung kein Mirabegron erhalten. Die Kombination eines Antimuskarinikums
mit einem weiteren Antimuskarinikum ist wegen ihrer unterschiedlichen Wirkungsmechanismen
sinnvoll und wurde auch in Studien bewiesen.
Als Zweitlinientherapie stehen die Injektion von Botulinumtoxin A in die Blasenwand
sowie elektrotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung. Onabotulinumtoxin A ist aufgrund
der Studienlage von FDA und EMA zur Behandlung der ÜAB, und zwar mit 100 U, zugelassen.
Der Therapieeffekt dauert etwa 6 – 9 Monate, dann ist eine neuerliche Behandlung notwendig.
Die Elektrotherapie umfasst die periphere Elektrostimulation, am häufigsten die perkutane
Stimulation des N. tibialis, die transkutane Stimulation des N. dorsalis penis bzw.
N. clitoridis sowie die sakrale Neuromodulation (SNM).
Interventionen wie die Blasenaugmentation und Zystektomie mit supravesikaler Harnableitung
(Ileumkonduit) sind bei der nicht neurogenen Detrusorüberaktivität äußerst selten
notwendig.