Fortschr Neurol Psychiatr 2016; 84(08): 466
DOI: 10.1055/s-0042-111886
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Größere Schlaganfälle aufgrund von ASS-Resistenz?

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Publication Date:
29 August 2016 (online)

Hintergrund: Acetylsalicylsäure (ASS) ist der mit Abstand am häufigsten eingesetzte Thrombozyten-Funktionshemmer (TFH) in der Prävention von Schlaganfällen. ASS reduziert die Wahrscheinlichkeit erneuter Schlaganfälle um ca. 20 % in Vergleich zu Placebo. Die Wirkung besteht in einer Hemmung der Bildung von Thromboxan über Cyclooxygenase COX-1 und damit einer reduzierten Thrombozytenaktivierung. Die Stärke dieses Effektes ist individuell unterschiedlich ausgeprägt. Bei ca. 25 % aller Patienten kommt es trotz ASS-Einnahme zu einer Bildung von Thromboxanen. Man spricht von ASS-Resistenz. Es herrscht jedoch keineswegs Einigkeit darüber, ob es eine ASS-Resistenz überhaupt gibt und – falls ja – inwieweit ihr eine klinische Bedeutung zukommt. In der vorliegenden Arbeit beschäftigten sich die Autoren mit der Frage, ob eine ASS-Resistenz Auswirkungen auf die Schlaganfallgröße bei Patienten hat, die bereits vor dem Schlaganfall ASS eingenommen haben.

Methode: In den Jahren 2008–2014 wurden an der Hallym Universität in Südkorea Patienten mit einem akuten Schlaganfall und vorheriger mindestens 7-tägiger Einnahme von ASS in diese Beobachtungsstudie eingeschlossen. Die Resistenzbestimmung von ASS erfolgte mittels einer bettseitigen Testung, wobei ein Wert von ≥ 550 ARU (Aspirin Reaction Units) als Resistenz definiert wurde. Die Endpunkte der Studie waren die Schlaganfallschwere abgebildet anhand des National Institutes of Stroke Scale Score (NIHSS) und die Infarktgröße in der Diffusionswichtung (DWI) der cMRT.

Ergebnisse: Bei 86 von 310 Patienten (27,7 %) bestand eine prädefinierte ASS-Resistenz (mittlere ARU 620 vs. 442). Patienten mit ASS-Resistenz hatten schwerere Schlaganfälle sowohl klinisch (NIHSS 6 vs. 3, p < 0,001) als auch bildgebend (DWI-Volumen 5,4 ml vs. 1,7 ml; p = 0,002). Nach multivariabler Adjustierung für Alter, Geschlecht und andere Co-Variablen zeigte sich die ASS-Resistenz als unabhängiger Prädiktor für einen schwereren Schlaganfall (NIHSS Zunahme um 2,1 Punkten) und eine größere DWI-Läsion (Volumen-Zunahme um 2,3 ml). Der Effekt der ASS-Resistenz war in den oberen Quartilen der Schlaganfallschwere und der Infarktgröße deutlich ausgeprägter. Eine Subgruppenanalyse anhand der Schlaganfallätiologie zeigte, dass die Assoziation zwischen ASS-Resistenz und Outcome bei atherosklerostisch verursachten Schlaganfällen bedeutsamer war als bspw. bei kardioembolisch verursachten Schlaganfällen.