intensiv 2016; 24(05): 246-247
DOI: 10.1055/s-0042-110919
Kolumne · Rechtsticker
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kolumne · Rechtsticker

Heidi Günther
,
Tobias Weimer
1   WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin- & Strafrecht, Frielinghausstr. 8; 44803 Bochum, URL: info@kanzlei-weimer-bork.de   URL: www.kanzlei-weimer-bork.de
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Publication Date:
07 September 2016 (online)

KOLUMNE

So langsam wird’s eng im Kalender

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(Paavo Blåfield)

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen.

(Volksmund)

Ich schreibe meine Kolumnen ja immer viele Wochen, bevor sie erscheinen, und hinke dadurch stets dem aktuellen Tagesgeschehen ein bisschen hinterher. Aber bei meinem heutigen Thema ist es geradezu unerheblich, wann ich darüber schreibe: Feier- und Welttage.

Also, heute haben wir den 3. Mai. Es könnte auch der 5. Juni oder 20. Oktober sein. Aber es ist nun mal Mai, und dieser Monat ist geradezu exemplarisch.

Den 1. Mai, den Tag der Arbeit, haben wir schon hinter uns, Christi Himmelfahrt, Muttertag, Pfingsten und Fronleichnam liegen zurzeit in diesem Monat noch vor uns. Für uns – zumindest in Bayern, dem Land der nicht enden wollenden Feiertage – heißt das fünf Feiertage in diesem einen Monat. Ob nun der Muttertag unbedingt als Feiertag zu bezeichnen ist, weiß ich nicht genau. Es ist vielleicht mehr so ein Ehrentag. Ein Tag, an dem man die Mutter ehrt und den Blumengeschäften zu mehr Umsatz verhilft. Übrigens ist es tatsächlich so, dass der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber 1923 diesen Muttertag als „Tag der Blumenwünsche“ für Deutschland ins Leben gerufen hat.

Apropos Ehrentage. Davon gibt es im Laufe eines Kalenderjahrs mehr, als man als Durchschnittsbürger ertragen kann, und mir hat sich bisher der Sinn vieler dieser Tage nicht erschlossen. Wahrscheinlich liegt das auch wieder einmal an mir und meiner mangelnden Fantasie oder Empathie. Es hat sich mir im Zuge der Recherche für diese Kolumne auch nicht offenbart, wem oder was wir diese unendliche Folge von mehr oder weniger nützlichen Ehrentagen zu verdanken haben. Laut Wikipedia (ich kann nicht genug für dieses Nachschlagewerk danken!) ist es so: „Ein Welttag soll an internationale Themen und aktuelle Weltprobleme erinnern. Der erste Welttag wurde am 31. Oktober 1947 von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufen. Heute gibt es von den UN und ihren Unterorganisationen etwa 70 offizielle Welt- und Internationale Tage.“ Das leuchtet mir ein. Nur leider bleibt es ja nicht bei den genannten 70 Tagen. Allein im Mai dieses Jahres dürfen wir 34 Institutionen, Berufen, Krankheiten, Tieren und sogar verlorener Socken (9.5.) gedenken. Am vergangenen Sonntag wäre der Weltlachtag gewesen, der auch irgendwie an mir vorübergegangen ist. Ich kam am Samstag von einer dreitägigen mich sehr erschöpfenden Fortbildung, und das Lachen war mir bis einschließlich Sonntag mehr oder weniger vergangen. Da wäre der 12.5. für mich schon passender gewesen, der internationale CFS-Tag (chronisches Erschöpfungssyndrom). Interessanterweise geht dieser „Tag des Erschöpfungssyndroms“ mit dem „Tag der Krankenschwestern“ und dem „Tag der Pflege“ einher – weltweit versteht sich. Da haben sich die Initiatoren (wer auch immer diese waren) mal so richtig Gedanken gemacht.

Wer möchte, kann es in diesem Monat so richtig krachen lassen. Auf 31 Kalendertagen tummeln sich 34 Gründe zu feiern, zu ehren und zu gedenken. Wer diese Tage aus irgendeinem unverzeihlichen Grund verpasst hat, muss sich aber nicht grämen. Auch andere Monate haben Feierlichkeiten zu bieten.

Im Juni sind an 22 von 30 Tagen Welttage im Angebot, und wenn im Juni ein Freitag der 13. dabei wäre, dann sogar 23 (an jedem Freitag den 13. begeht man den Tag der Rauchmelder). Auch der Oktober ist schön. An 30 von 31 Tagen gibt’s was zu feiern.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und ausgezählt, welche Tage für uns im Gesundheitswesen wenigstens andeutungsweise von Belang sein könnten. Es sind 56 – gewissermaßen ein Gedenktag pro Woche. Es gibt Tage für oder gegen Hepatitis, Organ- und Blutspende, Parkinson, Malaria, TBC, Down-Syndrom, Depression, Kopfschmerzen, Schlafen. Es gibt den Weltkrebs- und den Weltnierentag, den Weltdiabetestag, für uns Deutsche den Deutschen Magentag und am 30. Juni ist der „Internationale Inkontinenztag“. Na, wenn das nichts ist, da kann man es mal so richtig laufen lassen! Dennoch: Alle diese Tage machen mehr oder weniger Sinn. Es geht aber noch schlimmer.

An 61 Tagen im Jahr können wir Nützlichkeiten wie der Jogginghose, des Schneemanns, der Minzschokolade, der Kroketten, der Frisuren und Diäten oder auch des Handtuchs an sich und den oben genannten Socken gedenken, sie umjubeln oder feiern. Mein liebster Tag ist ja der 16.1., der „Welt-Nichts-Tag“. Da weiß ich doch, worauf ich mich einlasse. Nämlich auf nichts!

Ich möchte auch einmal so einen Gedenk- und Feiertag ins Leben rufen. Wenn ich nur wüsste wo und wie. Es sollte ein Tag sein, der mir oder aber uns allen gerecht werden und uns gut tun würde. Er sollte selbstverständlich weltweit begangen werden und freundlich und fröhlich sein. Ein kleines bisschen Sinn wäre auch hilfreich. Ich könnte mir ja einen „Tag der Patientenfreundlichkeit“ wünschen. Aber, mir scheint, das wäre dann doch etwas über das Ziel hinausgeschossen und auch ein wenig realitätsfern. Dabei könnte ich schon mit einem möglichen Datum aufwarten. Der 13. Mai ist noch völlig frei von Feiertagen und der freundliche Patient würde unmittelbar nach dem Tag der erschöpften Krankenschwester in der Pflege folgen. Passender geht’s ja kaum.

Heute – am 3. Mai, an dem ich diese Kolumne schreibe – ist übrigens der Tag der Sonne und – als kleiner Gruß an Herrn Erdoğan – der Welttag der Pressefreiheit.

In diesem Sinne, Ihre

Heidi Günther
hguenther@schoen-kliniken.de