Z Orthop Unfall 2016; 154(06): 571-577
DOI: 10.1055/s-0042-108063
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Diagnostik prä- und postoperativer neuropathischer Schmerzkomponenten bei Patienten mit Rückenschmerzen

Article in several languages: English | deutsch
Y.-J. Lee
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
,
E. M. W. Koch
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
,
J. B. Breidebach
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
,
R. Bornemann
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
,
D. C. Wirtz
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
,
R. Pflugmacher
Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, University Hospital of Bonn, Germany
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Publication Date:
14 December 2016 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Es sollte untersucht werden, inwieweit sich Schmerzprofile von Patienten mit Rückenschmerzen unterschiedlicher Genese voneinander unterscheiden. Als entscheidender Parameter diente der painDetect-Bogen zur Differenzierung von nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen.

Material und Methode: Es wurden Patienten für die Studie ausgewählt, bei denen entweder Wirbelkörperfrakturen (WKF, Gruppe 1) oder Bandscheibenvorfälle bzw. spinale Kompressionen (non-WKF, Gruppe 2) diagnostiziert waren. Prä- und postoperativ wurden klinische Daten erhoben, der painDetect-Bogen, der Fragebogen zum Oswestry-Index (ODI) und ein Bogen mit VAS-Skalen ausgefüllt. Die Patienten wurden entsprechend ihrer Diagnose operativ behandelt: Radiofrequenzkyphoplastie, Nukleotomie, Spondylodese.

Ergebnisse: Gruppe 1: 62 Patienten, weibl. 89 %; Durchschnittsalter 71 Jahre; Gruppe 2: 77 Patienten, weibl. 55 %, Durchschnittsalter 53 Jahre. Präoperativ bestanden keine signifikanten Unterschiede der Schmerzintensitäten (akut, maximal, durchschnittlich): Mediane der Ordinalskala von 0–10; Gruppe 1: 6, 8, 7; Gruppe 2: 6, 9, 7. Der Vergleich der Score-Endsumme im painDetect-Bogen ergab präoperativ einen signifikanten Unterschied (Mediane: Gruppe 1 = 9, Gruppe 2 = 17; Effektstärke r = 0,5; p = 0,000). In Gruppe 1 war das Vorhandensein neuropathischer Schmerzkomponenten bei 3 % der Patienten wahrscheinlich (> 90 %), in der Gruppe 2 bei 43 % und zusätzlich bei 13 bzw. bei 30 % nicht auszuschließen. Bei der Schmerzwahrnehmung zeigten sich bei den Patienten mit WKF höhere VAS-Werte (71) als in der Vergleichsgruppe (53). Die Gesamtscores des ODIs unterschieden sich nicht (56 vs. 58 %). Postoperativ zeigten beide Gruppen einen deutlichen Rückgang der Schmerzintensitäten. Die Score-Endsumme im painDetect-Bogen konnte auf 4 (Medianwert) in beiden Gruppen vermindert werden. Die medianen Scores im ODI verringerten sich in beiden Gruppen mit einer Effektstärke von 0,6.

Schlussfolgerung: In Gruppe 2 lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in 43 % neuropathische Komponenten feststellen und bei weiteren 30 % als möglich annehmen. Ein Hinweis auf neuropathische Schmerzen bei Wirbelkörperfrakturen kann nur in etwa 3 % festgestellt werden. Postoperativ kam es in beiden Gruppen zu einer signifikanten Besserung der Schmerzsymptomatik und Funktionalität. Unabhängig davon, ob es sich um einen neuropathischen, nozizeptiven Schmerz oder um eine Mischform handelt, kann das Risiko einer Schmerzchronifizierung entscheidend gemindert werden.