Zusammenfassung
Einleitung: Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern,
kurz: Norddeutsche Schlichtungsstelle ist für insgesamt 10 Bundesländer zuständig
(Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt,
das Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen) und damit die in Deutschland größte
Schlichtungsstelle. Das Datenmaterial der Norddeutschen Schlichtungsstelle bietet
u. a. einen Einblick in die Fehlerquellen von Behandlungsabläufen bei Mammareduktionen.
Material und Methodik: Analysiert wurden Antragsschreiben der Patienten, im Auftrag der Schlichtungsstellte
von unabhängigen Ärzten erstellte Gutachten und die abschließenden Schlichtungsbescheide
der 88 von der Norddeutschen Schlichtungsstelle in den Jahren 2000–2007 geführte Schlichtungsverfahren
nach Mammareduktionen. Zusätzlich verstrich eine 5-Jahresfrist, in der ggf. auch juristische
Auseinandersetzungen hätten geführt werden können. Diese Daten ermöglichen die Untersuchung
jedes Falles aus unterschiedlichen Perspektiven. Für die Auswertungen wurde zudem
auf die von der Schlichtungsstelle im MERS-Kodierungssystem (Medical Error Reporting
System) eingepflegten statistischen Daten zurückgegriffen.
Ergebnisse: Unter den 88 Mammareduktionen fanden sich 37 Eingriffe mit Haftungsanspruch (FMH).
In diesen Fällen wurde eine Kausalität zwischen einem Behandlungsfehler und einem
Gesundheitsschaden von der Schlichtungsstelle für gegeben erachtet. Damit liegt die
Quote der bestätigten Fehler mit 42% über der durchschnittlichen Quote von ca. 24%
in den gesamten Schlichtungsverfahren der Norddeutschen Schlichtungsstelle. Die Mehrzahl
dieser Fälle war von Gynäkologen operiert worden. In 92% der Fälle mit Haftungsanspruch
lagen nach Auffassung der Gutachter Mängel bei der OP-Planung und -Durchführung vor,
insbesondere bei der OP Planung (65%) und Schnittführung (41%). Die am häufigsten
vorgetragenen Beschwerden waren Narbenbildung (78%), Asymmetrie (68%) und MAK Nekrose
(24%). Geltend gemacht wurden seltener finanzielle Schäden (46%) als psychologische
Belastungen (70%).
Diskussion: Die erhöhte Quote von Haftungsansprüchen könnte darin begründet sein, dass formverändernde
Brustoperationen komplexere Behandlungen sind als allgemein angenommen und dass zum
Gelingen auch die vermeintlich vernachlässigbare Teilschritte der Behandlung, wie
z. B. Operationsplanung und postoperative Nachsorge beitragen. Die besonders hohen
Anforderungen an Planung, Durchführung und Nachsorge tragen bei der plastisch-ästhetischen
Brustchirurgie zu einer vergleichsweise hohen Fehlerquote bei, wenn nicht sorgsam
vorgegangen wird. Zudem ist der Faktor Kommunikation nicht zu unterschätzen.
Abstract
Introduction: The Arbitration Board for Medical Liability Issues of the Medical Association of
North Germany (“Norddeutsche Schlichtungsstelle”) is responsible for 10 federal states
in Germany (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Western Pomerania, Lower
Saxony, Saarland, Saxony-Anhalt, Schleswig-Holstein and Thuringia) and is the largest
arbitration board in Germany. The data available from the Norddeutsche Schlichtungsstelle
provides an insight into sources of malpractice during the treatment of reduction
mammoplasty.
Material und Methods: We analysed patient request, expert opinions prepared by independent physicians on
behalf of the Norddeutsche Schlichtungsstelle and the final verdicts of 88 arbitration
proceedings after breast reduction mammoplasties performed between 2000 and 2007.
This data allows for each case to be addressed from different viewpoints. Furthermore
we analysed the statistical data entered into the Medical Error Reporting System by
the arbitration board.
Results: Among the 88 patient requests after reduction mammoplasty, the arbitration board
found a causal relationship between damage caused to a patient’s health and medical
malpractice in 37 cases. Therefore, 42% of requests resulted in a liability case.
This is a higher rate than that of general arbitration proceedings, where only in
24% of all cases a causal relationship is confirmed by the Norddeutsche Schlichtungsstelle.
Most patients were operated on by gynaecologists. In 92% of liability cases, mistakes
happened during the planning and the performance of the surgical procedure, mainly
during planning (65%) and surgical incisions (41%). The patients mainly complained
about scars (78%), asymmetry (68%) and skin necrosis of the areola (24%). Financial
disadvantage was mentioned less often (46%) than psychological stress (70%).
Discussion: The higher rate of liability claims may be due to the fact the surgical procedures
changing the shape of breasts are more complex than generally expected. Not only the
surgery itself, but also the adequate planning and aftercare are of predominant importance
for patient satisfaction. All these factors lead to the relatively high rate of medical
malpractice in plastic aesthetic breast surgery. Also the communication factor should
not be underestimated.
Schlüsselwörter Norddeutsche Schlichtungsstelle - Brustreduktion - Mammareduktion - Behandlungsfehler
Key words arbitration board - malpractice - breast reduction - reduction mammoplasty