Z Sex Forsch 2016; 29(01): 21-41
DOI: 10.1055/s-0042-102611
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Manchmal ist man sexuell erregt und der Partner nicht zur Hand ...“

Solosexualität im Spannungsfeld von Geschlecht und Beziehung
Maika Böhm
a   Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
Silja Matthiesen
a   Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. März 2016 (online)

Übersicht

Während Solosexualität bis ins vergangene Jahrhundert hinein tabuisiert war, stellt sie heute einen nahezu selbstverständlichen Aspekt der sexuellen Sozialisation dar und gilt als weitgehend normalisierte sexuelle Praktik. Dies trifft jedoch nicht für beide Geschlechter in gleichem Maße zu: nationale und internationale Studien belegen, dass sich Vorkommen, Frequenzen und Einstellungen zur Selbstbefriedigung (immer noch) deutlich nach Geschlecht unterscheiden. Quantitative Untersuchungen weisen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf eine „friedliche Koexistenz“ von Solo- und Paarsexualität in festen Partnerschaften und auf ein zunehmendes Verständnis von Selbstbefriedigung als „eigenständiger Sexualform“ hin. In dieser Arbeit werden anhand von 100 leitfadengestützten sexualbiografischen Interviews mit Studierenden aus ganz Deutschland (1) bisherige solosexuelle Erfahrungen sowie typische Settings und individuelle Motive unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterunterschiede analysiert; (2) die Bedeutungen von Solosexualität während Single- und Beziehungszeiten untersucht; und (3) die Orgasmuserfahrungen von Studierenden beim Solo- und beim Partnersex gegenübergestellt und die geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Orgasmuserwartungen betrachtet.