kma - Klinik Management aktuell 2021; 26(11): 78
DOI: 10.1055/s-0041-1739950
Politik und Recht

Interview: Fünf Fragen an Edelgard Bulmahn

Frau Bulmahn, wie kamen Sie zu Sciana? Was hat sie an dem Projekt gereizt und Sie dann schlussendlich bewogen mitzuarbeiten?

Ich wurde meines Wissens vorgeschlagen und bin dann mit Frau Baker ins Gespräch gekommen. Ich fand das Projekt äußerst spannend, weil in ihm die unterschiedlichen Akteure aus dem Gesundheitssystem – Pflege, Krankenhausverwaltung, Ärzteschaft, Versicherungen, Politik – zusammen an Lösungen für Probleme arbeiten. Für mich war der dahinterstehende Netzwerkgedanke reizvoll, der die Erfahrungen und Sichtweisen dieser höchst unterschiedlichen Akteure, die noch dazu aus verschiedenen Ländern kommen, zusammenführt – ohne dass man sofort am Verhandlungstisch sitzt. So können auch die verschiedenen Erfahrungen aus unterschiedlichen Kontexten, divergierende Standpunkte und Interessen ausgetauscht werden und wir können voneinander lernen.

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Edelgard Bulmahn, Senior Ambassador bei Sciana und ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung(© Sciana/Katrin Kerschbaumer)

Wie wird bei Sciana gearbeitet?

Es gibt eine jährliche Ausschreibung in Großbritannien, Deutschland und der Schweiz – alle mit den gleichen Kriterien. Man kann sich selbst bewerben, es werden aber auch Personen vorgeschlagen. Dann werden jedes Jahr einige wenige Führungskräfte aus den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens ausgewählt, die für die folgenden zwei Jahre intensiv zusammenarbeiten. Aber auch die älteren Member bleiben dem Netzwerk mit Rat und Tat erhalten und klinken sich bei den jeweiligen Fragestellungen immer wieder mit ein. Es handelt sich um einen organisierten Arbeitsprozess, der die ganze Zeit über begleitet wird, und der, das ist auch der große Unterschied zu anderen Initiativen, von den betroffenen Akteuren selbst gestaltet wird. Als Höhepunkt gibt es ein jährliches Präsenztreffen in Salzburg. Über den ganzen Zeitraum verteilt tagen Arbeitsgruppen, es gibt bilaterale Gespräche und inoffizielle virtuelle Kaffeerunden etc. Am Ende war dieser gemeinsame Arbeitsprozess, der weit über einen Austausch hinausgeht, für mich auch ausschlaggebend, mich bei Sciana zu engagieren.

Was ist Ihr Part in diesem Projekt?

In dem Projekt sitzen die unterschiedlichsten Akteure an einem Tisch und ringen um Lösungen. Da treffen verschiedenste Interessen aufeinander, die auch nicht immer konform sind man sollte am Ende aber dennoch zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Diese Situation kenne ich gut aus meinem politischen Alltag. Ich glaube, dass ich mit meiner langjährigen politischen Erfahrung in unterschiedlichen Positionen gut in dieses Projekt hineinpasse und dass die anderen Mitglieder von diesen Erfahrungen profitieren können.

Kurz: Ich gebe inhaltliche Anstöße, begleite den Arbeitsprozess, ich gebe Rat, beispielsweise bei der Entwicklung von Umsetzungsstrategien oder wenn es um konkrete Konflikte geht, teile meine Erfahrungen und helfe dabei, das eigentliche Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren und das Vorhaben nicht preiszugeben – die Gesundheitssysteme qualitativ zu verbessern und gleichzeitig die Kompetenz der Akteure zu stärken. Und auch mein Know-how, wie man Prozesse steuert, bringe ich gerne mit ein – vor allem um das Projekt davor zu bewahren, mit einem Minimalkompromisse zu enden, statt mit einem guten Ergebniss. Ich helfe dabei, Allianzen zu schmieden und kann dabei auch meine Kontakte einbringen. Zwei Maxime meiner beruflichen Erfahrung sind auch bei dieser Plattform gefragt: Netzwerken und Wissenstransfer.

An was arbeitet Sciana – auch aktuell?

Es geht beispielsweise um Leadership im Gesundheitssystem, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die Frage, wie sie durchsetzbar ist, um Innovationen – im Übrigen nicht nur technisch verstanden, um Gesundheitserziehung, um die Frage der Qualitätsentwicklung und um Finanzierungsstrukturen im Gesundheitswesen. Ein ganz spannendes Projekt haben wir jetzt im Sommer intensiver aufgegriffen: Wie kann man das, was von vielen Menschen und Experten konzeptionell erarbeitet wurde – also ein neues Konzept für die Gesundheitsversorgung von integrierten regionalen Gesundheitszentren – in die Breite tragen und wie kann man erreichen, dass es nicht nur ein Papier bleibt, sondern auch umgesetzt wird.

Was ist das Ziel von Sciana? Wollen Sie als das Davos der Gesundheitspolitik wahrgenommen werden?

Im Augenblick sind die Zielsetzungen noch etwas bescheidener (lacht). Es geht nicht darum, ein zweites Davos zu gründen, wir haben ja auch noch andere Organisationen wie den World Health Summit, der inzwischen eher diesen Charakter hat. Es geht bei Sciana darum, eine grenzüberschreitende Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitsbereich zu erreichen und damit konkrete Handlungsempfehlungen und Lösungsvorschläge zu entwickeln und dann erfolgreich zur Umsetzung zu bringen.

Das Interview führte Alexandra Heeser.



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Article published online:
08 November 2021

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