Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e87
DOI: 10.1055/s-0041-1739898
Abstracts | DGPM

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die peripartale Versorgung von Frauen mit Flüchtlingsstatus – eine Zwischenanalyse der PROREF-Studie

L Teschemacher
1   Charité Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie, Berlin, Deutschland
,
M David
1   Charité Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie, Berlin, Deutschland
,
J Breckenkamp
2   Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
,
T Borde
3   Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland
,
M Abou-Dakn
4   St. Joseph Krankenhaus Tempelhof, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin, Deutschland
,
W Henrich
5   Charité Campus Virchow-Klinikum und Campus Mitte, Kliniken für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Valide Daten zu peripartaler Versorgung und geburtshilflichen Ergebnissen von Frauen mit Flüchtlingsstatus liegen kaum vor. Aufgrund sprachlicher und kultureller Barrieren sowie geringer Kenntnisse über das deutsche Gesundheitssystem könnte es sich um eine besonders vulnerable Gruppe handeln. Maßnahmen im Zuge der Covid-19-Pandemie könnten die Versorgungssituation weiter erschwert haben. Im Rahmen der PROREF-Studie soll die Versorgung von Frauen mit Flüchtlingsstatus untersucht werden, u.a. auch Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten und die Stressbelastung während der Schwangerschaft.

Material/ Methode Im quantitativen Teil dieser Mixed-Methods Studie werden für 24 Monate standardisierte Interviews mit Frauen auf drei Berliner Wochenbettstationen durchgeführt und die Interviewdaten mit den Perinataldaten zusammengeführt. Verglichen werden Frauen mit Flüchtlingsstatus, immigrierte und nicht immigrierte Frauen. Erfragt werden u.a.: Zufriedenheit mit der Versorgung, Migrationsgeschichte, der Einfluss der Covid-19-Pandemie und Stressbelastung während der Schwangerschaft. Der Fragebogen steht in 10 Sprachen zu Verfügung, auch Telefondolmetscherinnen sind involviert. Mittels logistischer Regressionsanalysen wurden Flüchtlingsstatus sowie weitere Prädiktoren für eine möglicherweise ungleiche peripartale Versorgung untersucht.

Ergebnisse Die Stichprobe umfasst derzeit 1384 Frauen (52% in Deutschland geborene, 42% immigrierte, 6% Frauen mit Flüchtlingsstatus). Frauen mit Flüchtlingsstatus und immigrierte Frauen wurden seltener präpartal durch Hebammen betreut (OR 0,19, p<0,0001; OR 0,52, p<0,0001), Frauen mit Flüchtlingsstatus hatten seltener einen Geburtsvorbereitungskurs als nicht migrierte Frauen (OR 0,13, p<0,0001); die Nicht-Inanspruchnahme wurde seltener durch die Covid-19-Pandemie begründet. Frauen mit Flüchtlingsstatus und immigrierte Frauen gaben seltener an, Angebote aufgrund der Pandemie vermisst zu haben (OR 0,30, p<0,0001; OR 0,62, p<0,0001). Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Stressbelastung der Gruppen und wie häufig sie über Covid-19-Risiken aufgeklärt wurden. Frauen mit Flüchtlingsstatus gaben seltener Covid-19 als Hauptstressfaktor an (p=0,009).

Diskussion Die Zwischenergebnisse zeigen eine Ungleichheit in der Inanspruchnahme, wobei die Pandemie einen unterschiedlich starken Einfluss auf die Frauen in den drei Gruppen hatte. Wegen der relativ geringen Fallzahl der Frauen mit Flüchtlingsstatus müssen die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Offenbar sind aber die geringe Inanspruchnahme sowie der Stress während der Schwangerschaft in dieser Gruppe eher durch andere Faktoren als die Covid-19-Pandemie zu erklären.



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Article published online:
26 November 2021

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