Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e68
DOI: 10.1055/s-0041-1739855
Abstracts | DGPM

Chronisch-entzündliche Veränderungen der Plazenta sind mit perinatalen Auffälligkeiten wie IUGR, Frühgeburt und hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen assoziiert

S Bajwa
1   Diakonissenkrankenhaus Flensburg, Flensburg, Deutschland
,
H Feist
1   Diakonissenkrankenhaus Flensburg, Flensburg, Deutschland
,
U Pecks
2   UKSH Campus Kiel, Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Die pathologisch-anatomisch definierten chronisch-entzündlichen Läsionen der Plazenta werden mit perinatalen Auffälligkeiten wie intrauteriner Wachstumsrestriktion („intrauterine growth restriction“, IUGR), Frühgeburt und hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (HSE) in Verbindung gebracht. Zu dieser Krankheitsgruppe gehören folgende histomorphologisch definierte Entitäten: Villitis of unknown etiology (VUE), Chronische Chorioamnionitis (CC), Chronische Deziduitis (CD), Eosinophile/T-Zell-Vaskulitis (ETCV) und Chronisch-histiozytäre Intervillositis (CHI).

Ziel dieser retrospektiven Studie war es, durch ein standardisiertes Vorgehen bei der Einsendung und der pathologisch-anatomischen Untersuchung von Plazenten mit perinatalen Auffälligkeiten mögliche Assoziationen zwischen perinatalen Komplikationen und chronisch-entzündlichen Läsionen der Plazenta darzustellen.

Material und Methoden Ausgehend von einer jährlichen Geburtenrate von 1600 bis 1900 Kindern und einer Plazenta-Einsenderate von 5,9%, kam insgesamt über einen Zeitraum von zehn Jahren ein Patientenkollektiv von 862 Einlingsplazenten und Abortcurretagen zusammen. Die Plazentaläsionen wurden überwiegend anhand der 2016 etablierten Konsensus-Kriterien klassifiziert und gradiert (Khong-TY 2016, Baergen-RN). Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mittels des Statistikprogramms GraphPad PRISM (Windows).

Ergebnisse Es wiesen 174 Plazenten (20%) eine oder mehrere der o.g. Läsionen auf. VUE (n=74) war ausschließlich im 3. Trimenon nachweisbar und assoziiert mit IUGR (28% der Fälle mit VUE), Präeklampsie (19%), maternaler Adipositas (32%) und vorzeitigem Blasensprung (30%). CD war die häufigste Läsion (n=95) mit Assoziation zu Frühgeburt (47%), vorzeitigem Blasensprung (33%) und intrauterinem Fruchttod/Abort (19%). Chronische histiozytäre Intervillositis (CHI) zeigte eine durchschnittliche Schwangerschaftsdauer von 19,5 SSW. In 66% der Fälle wurde ein Abortgeschehen oder ein intrauteriner Fruchttod verzeichnet. Bei drei Patientinnen konnte ein Rezidiv chronisch-entzündlicher Läsionen in Folgeschwangerschaften nachgewiesen werden.

Diskussion Die chronisch-entzündlichen Plazentaläsionen, insbesondere VUE, CD und CHI, werden möglicherweise klinisch unterschätzt und unterdiagnostiziert. In unserer Klinik wurden in etwa 20% der eingesandten Plazenten mit perinatalen Auffälligkeiten eine oder mehrere der o.g. chronischen Läsionen diagnostiziert. Diese Entitäten waren zum Teil mit schweren perinatalen Komplikationen, wie Frühgeburt, hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen und IUGR assoziiert.

Auch wenn den zuvor genannten Läsionen wahrscheinlich ähnliche – bislang jedoch ungeklärte – Autoimmunprozesse zugrunde liegen, unterscheiden sich die Entitäten untereinander bezüglich klinischer Auswirkungen, Wiederholungsrisiko und Häufigkeit. Dieses sollte bei der Risikostratifizierung nachfolgender Schwangerschaften berücksichtigt werden.



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Article published online:
26 November 2021

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