Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e64
DOI: 10.1055/s-0041-1739847
Abstracts | DGPM

Entwicklung eines Punktwertsystems zur Beurteilung des Schweregrades und der Entbindungsnotwendigkeit bei Präeklampsie

M Mai
1   Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel, Deutschland
,
L Zehner
1   Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel, Deutschland
,
C Eckmann-Scholz
2   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Deutschland
,
N Maass
2   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Deutschland
,
U Pecks
2   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Die Präeklampsie betrifft ca. 2–3% der Schwangeren und ist einer der Hauptgründe für maternale und perinatale Morbidität und Mortalität weltweit. Die Schwangerschaftsbeendigung stellt die einzige kausale Therapie dar. Bei der frühen Präeklampsie, v.a. vor der 32. SSW, wird die kindliche Morbidität maßgeblich durch die mit der Entbindung verbundene iatrogene Frühgeburtlichkeit bestimmt. Einheitliche Kriterien, zu welchem Zeitpunkt eine Beendigung der Schwangerschaft indiziert ist, gibt es nicht. Ziel ist die Entwicklung eines Punktwertsystem zur Abschätzung des Schweregrades bei Präeklampsie anhand klinischer Parameter, das für klinische Studien (nach abgeschlossener Lungenreifeinduktion und vor der 32+0 SSW) als Endpunktdefinition verwendet werden kann.

Material/Methode Es wurde ein Delphi-Konsensus-Verfahren durchgeführt. Leiter der Perinatalzentren Levelstufe 1 von 126 nationalen Kliniken wurden angeschrieben. Fragebögen mit klinischen und laborchemischen Parametern verschiedener Organsysteme, die typischerweise bei einer Präeklampsie betroffen sein können, wurden entwickelt. Vier Fragerunden mit zunehmender Fragepräzision waren vorgesehen. Die Teilnehmer wurden gebeten, die vorgegebenen Kriterien in Bezug auf die Notwendigkeit der Entbindung mittels eines 5-Punktwertsystems (Likert-Skala) bzw. mittels Kardinalskala zu bewerten. Eine Zustimmung von>70% galt als Konsens. Die Entbindungskriterien werden quadriert und multifaktoriell gewichtet. Ein Punktwert von 16 entspricht nach diesem Schema einem absoluten Entbindungskriterium und könnte in zukünftigen Studien als Endpunktdefinition gelten.

Ergebnisse 69 Personen haben die erste, 53 die zweite, 52 die dritte und aktuell 27 die vierte Umfragerunde beendet. Konsens konnte bislang zu 12 Parametern bzw. Zuständen erreicht werden. Zum Beispiel galten per se folgende Parameter als absolute Entbindungskriterien: Leberhämatom/Leberkapselsruptur (Zustimmung 100%;n=69/69), disseminierte intravasale Gerinnung (94,2%;n=65/69), Eklampsie (87,0%;n=60/69), neue Kopfschmerzen mit pathologischen Zeichen im cCT/cMRT (82,4%;n=42/53), retrosternaler Druck/Schmerz/Thoraxschmerz mit auffälligem EKG und/oder UKG (74,0%;n=37/53), therapieresistente Hypertonie>220/140 mmHg (71,2%;n=37/52), rascher Transaminasen- und Bilirubinanstieg mit Gerinnungseinbruch (80,8%;n=42/52). Als „kein Entbindungskriterium“ wurden folgende Parameter bewertet: Serum-Albumin (85,5%;n=59/69), Serum-Harnsäure (73,9%;n=51/69), Leukozyten (84,1%;n=58/69), Serum-PlGF (85,5%;n=59/69), Gewichtszunahme (71,0%;n=49/69). Weitere Abstufungen stehen aus.

Diskussion Das Management der Präeklampsie und eine gezielte Bestimmung von Entbindungskriterien wird sehr heterogen praktiziert. Eine standardisierte Zustandsbeschreibung zur objektiveren Einschätzung der akuten Gefährdung ist erstrebenswert. Ein Punktesystem kann zukünftig bei der Entscheidungsfindung zum Entbindungszeitpunkt und als primärer Endpunkt in Studien nützlich sein.



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Article published online:
26 November 2021

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