Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e57
DOI: 10.1055/s-0041-1739834
Abstracts | DGPM

Optimales ANS Applikationszeitfenster – sind wir besser geworden?

P Rostin
1   Charité Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
S Verlohren
1   Charité Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
W Henrich
1   Charité Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
,
T Braun
1   Charité Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Das optimale Zeitfenster zwischen antenataler Steroidprophylaxe (ANS) und Geburt sollte zwischen 7–10 Tagen liegen. Eine nicht notwendige ANS Gabe kann sich negativ auf die fetale Entwicklung auswirken. Bereits 2008 konnten wir zeigen, dass bis zu 28% der Schwangeren mit ANS Gabe bei drohender Frühgeburt nach 37+0 SSW geboren haben und daher dringend bessere Prädiktionsparameter erforderlich sind, um eine unnötige ANS Prophylaxe zu vermeiden [1],[2]. Mit Etablierung des sFlt-1/PlGF-Quotienten als Marker zur Prädiktion einer Präeklampsie ist es möglich, den Zeitpunkt einer notwendigen Entbindung besser abzuschätzen[3]. Seit 2016 wird dieser Test in unserer Klinik bei Präeklampsieverdacht verwendet. In dieser Studie wurde die Präzision der ANS-Gabe (Abstand zwischen letzter ANS-Gabe und Geburt) neu evaluiert.

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Abb. 1 Histogramm der Geburtenverteilung nach ANS in Tagen.

Methode Aus 36,584 Geburten im Zeitraum von 2014 bis 2020 wurden alle Geburten nach ANS-Gabe identifiziert. Fälle mit ineffektiv- (>10 Tage zwischen letzter ANS und Geburt) und effektiv induzierter Lungenreife (<= 10 Tage) wurden miteinander verglichen. Primäre Hypothese dieser Studie war, dass der Einsatz des sFlt-1/PlGF-Quotienten zu einer sensitiven Detektion vorzeitiger Entbindungen und daher auch der präziseren Indikation zur ANS-Gabe führt. Mittels deskriptiver Darstellung, Pearson-Chi-Quadrat-Test und univarianter logistischer Regression wurde ausgewertet, ob Präeklampsie-assoziierte Diagnosen besonders häufig mit einer effektiveren ANS-Gabe assoziiert sind. In der sekundären Analyse wurde exploriert, welche Diagnosen außerhalb dieses Formenkreises nur selten zu effektiver ANS-Gabe führen.

Ergebnisse Von 36,584 eingeschlossenen Geburten wurden 1,826 abgeschlossene ANS-Gaben identifiziert (5,0%, kongruent mit der Anzahl von Frühgeburten 22–34 SSW [5,0%]). 35,8% der ANS-Gaben gingen mit Geburten unter 34+0 SSW sowie<10 Tage Abstand zwischen ANS-Gabe und Geburt einher und wurden demzufolge als effektiv klassifiziert; 18,8% fanden nach 37+0 SSW statt. ANS war bei Präeklampsie-assoziierten Diagnosen deutlich häufiger effektiv (p<0,001). Bei Geminigraviditäten, Plazenta praevia und isthmozervikaler Insuffizienz zeigte sich die ANS -Gabe deskriptiv zu einem deutlich höheren Anteil ineffektiv.

Diskussion Der Einsatz der Bestimmung des sFlt-1/PlGF Quotienten kann eine präzisere ANS-Gabe ermöglichen. Der Anteil von post-ANS Geburten nach 37+0 SSW konnte von ca. 27 auf 18,8% gesenkt werden. Einige Diagnosen sind jedoch weiterhin mit oft ineffektiver ANS-Gabe assoziiert und bedürfen weiterer präziserer Vorhersageparameter. Der retrospektive Charakter dieser Studie und die Datenerhebung aus einer bestehenden Datenbank stellen nennenswerte Limitationen dieser Studie dar.



Publication History

Article published online:
26 November 2021

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  • Literatur

  • 1 Braun T. et al.Int J Gynaecol Obstet 2015; 130(1):64–69
  • 2 Roberts D. et al. Cochrane Database Syst Rev 2006; 3: CD004454
  • 3 Zeisler H. et al.NEJM, 2016; 374:13–22