Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e49-e50
DOI: 10.1055/s-0041-1739814
Abstracts | DGPM

Klinisches Management der ersten beschriebenen Schwangerschaft und Entbindung einer Frau mit rezidivierendem fieber-assoziierten akuten Leberversagen bei NBAS Mutation (ein Fallbericht)

F Wiemers
1   Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marburg, Deutschland
,
C Staufner
2   Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg, Deutschland
,
C Keil
1   Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marburg, Deutschland
,
S Köhler
1   Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marburg, Deutschland
› Author Affiliations
 

Klinisches Management der ersten beschriebenen Schwangerschaft und Entbindung einer Frau mit rezidivierendem fieber-assoziierten akuten Leberversagen bei NBA Mutation (ein Fallbericht)

Varianten im NBAS Gen führen zu einem multisystemischen Krankheitsbild mit Beteiligung von u.a. Leber, Wachstum und Skelettsystem. In Abhängigkeit der Lokalisation der NBAS-Varianten sind drei klinische Verlaufsformen bekannt. Bei dem sogenannten infantile liver failure syndrome type 2 (ILFS2, MIM: 616483), kommt es zu rezidivierendem akuten Leberversagen (RALF), getriggert durch fieberhafte Infekte mit Beginn im Kleinkindesalter [1]. Diese akuten hepatischen Krisen werden im Laufe des Lebens seltener, sind jedoch nicht auf die Kindheit beschränkt. Die Krisen können letal verlaufen oder eine Lebertransplantation notwendig machen. Daher ist bei Patienten mit diesen genetischen Varianten eine konsequente Antipyrese notwendig. In fieberhaften Situationen kann die Gabe von parenteraler Glucoselösung und Lipiden den Verlauf günstig beeinflussen [2]. Da peripartal fieberhafte Episoden häufig sind, ist bei Schwangeren mit ILFS2 ein engmaschiges Management sinnvoll, um die Wahrscheinlichkeit eines akuten Leberversagens zu minimieren.

Aktuell existieren keine Berichte über Schwangere mit NBAS-assoziierter Krankheit (Literaturrecherche).

Die 27-Jährige IG/0P wurde durch das perinatologische Team des Universitätsklinikum Marburg und die Kollegen der Sektion für Neuropädiatrie und Stoffwechselmedizin des Universitätsklinikum Heidelberg betreut. Die Schwangerschaft verlief unauffällig. Bei suspektem CTG wurde eine primäre Sectio caesarea in Spinalanästhesie durchgeführt. Postoperativ wurde die Patientin auf der geburtshilflichen IMC Station überwacht. Temperaturanstiege wurden mit Paracetamol und Metamizol therapiert, wodurch die Temperatur konsequent unter 38°C gehalten wurde. Die Patientin wurde primär mit 1 g Cabergolin abgestillt. Nach 4 Tagen konnte sie in die ambulante Betreuung entlassen werden. Das Wochenbett gestaltete sich unauffällig. Es zeigte sich zu keinem Zeitpunkt ein Anstieg der Transaminasen.

Dies ist die Erstbeschreibung einer Schwangerschaft und Entbindung einer Frau mit NBAS Mutation. Wir konnten zeigen, dass die Vermeidung eines akuten Leberversagens durch konsequente Antipyrese und die Vermeidung von potentiellen Auslösern (insbesondere im Rahmen einer operativen Entbindung) möglich ist. Ein Abstillen sollte erwogen werden, da sich im Rahmen der Laktation fieberhafte Episoden häufen. Durch zunehmende Diagnostik und Therapie ist eine steigende Anzahl an Frauen mit NBAS Varianten im gebährfähigen Alter zu erwarten [1].



Publication History

Article published online:
26 November 2021

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  • Literatur

  • 1 Staufner C, Peters B, Wagner M, Alameer S, Barić I, Broué P. et al. (2019): Defining clinical subgroups and genotype-phenotype correlations in NBAS-associated disease across 110 patients. In: Genetics in medicine: official journal of the American College of Medical Genetics
  • 2 Staufner C, Haack TB, Köpke MG, Straub BK, Kölker S, Thiel C. et al. Recurrent acute liver failure due to NBAS deficiency. Phenotypic spectrum, disease mechanisms, and therapeutic concepts. In: Journal of inherited metabolic disease 2016; 39 (01) S. 3-16