Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e46-e47
DOI: 10.1055/s-0041-1739812
Abstracts | DGPM

Hereditäre thrombotische thrombozytopenische Purpura in der Schwangerschaft

S Torka
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität, Gynäkologie und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
,
G Hirt
2   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Bereich Nephrologie, Dresden, Deutschland
,
W Jennifer Lucia
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität, Gynäkologie und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
,
P Wimberger
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität, Gynäkologie und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
,
B Cahit
1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität, Gynäkologie und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
3   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Zentrum für fetoneonatale Gesundheit, Dresden, Deutschland
› Institutsangaben
 

Einleitung Eine hereditäre thrombotische thrombozytopenische Purpura (hTTP) ist bedingt durch eine seltene autosomal-rezessive ADAMTS13-Mutation. Dies führt zum erheblichen Mangel der Metalloprotease ADAMTS13, welche für die Spaltung der von-Willebrand-Faktor-Multimere benötigt wird. Eine verringerte ADAMTS13-Aktivität führt demnach zu vermehrten von-Willebrand-Faktor-Multimeren und damit zum erhöhten Risiko für thrombotische insbesondere mikrovaskulären Ereignissen. An hTTP erkrankte Patientinnen können gesund erscheinen. Insbesondere zum Zeitpunkt einer Schwangerschaft drohen schwerwiegende sowohl maternale als auch fetale Komplikationen.

Material und Methode Es erfolgt die Vorstellung eines geburtshilflichen Falls mit Auswertung der Laborergebnisse und genetischer Abklärung im Rahmen einer vermuteten TTP.

Ergebnisse Es handelte sich um eine 32-Jährige II.Gravida, I.Para in der 25+1.SSW mit dem Verdacht auf ein atypisches HELLP-Syndrom. Bereits 2014 wurde ebenfalls aufgrund eines HELLP-Syndroms sowie einer massiven fetalen Retardierung und Minderperfusion eine Sectio parva in der 24+1.SSW durchgeführt. Das Kind verstarb noch intrauterin. 2007 hatte die Patientin einen Apoplex. Diagnostisch fanden sich daraufhin Hinweise für ein Antiphospholipid-Syndrom.

Bei Aufnahme war die Patientin beschwerdefrei. Sonografisch sahen wir einen zeitgerecht entwickelten Feten mit pathologischen Dopplerwerten, dem hochgradigen Verdacht auf eine intrazerebrale Blutung.

Laborchemisch imponierte eine maternale Thrombopenie (6Gpt/l) bei nahezu normwertigen Leberenzymen, diskreter Kreatininerhöhung und einer ausgeprägten Hämolyse. sFlt/PlGF-Quotient war über 8000.

Sowohl aus maternaler als auch aus fetaler Indikation bestand die Indikation zur Sectio caesarea. Die bei HELLP-Syndrom zu erwartende postpartale Regredienz der veränderten Laborwerte blieb aus. Bei klinisch hochgradigem Verdacht auf eine TTP wurde die Plasmapherese begonnen. Die Bestimmung der ADAMTS13-Aktivität in zuvor asservierten Proben gelang zunächst nicht eindeutig, betrug dann aber 17%, sodass auf weitere Plasmapheresen verzichtet wurden. Nach Normalisierung der Thrombozyten wurde die Patientin bei Wohlbefinden in die internistische ambulante Weiterbetreuung entlassen.

Eine genetische Diagnostik ergab eine heterozygote Mutation im ADAMTS13-Gen. Zusätzlich ergab die wiederholte Messung einer ADAMTS13-Aktivität Werte<10%. Damit bestätigt sich die Diagnose einer hTTP. Das Kind verstarb 9 Wochen postnatal.

Schlussfolgerung Die sich im Erwachsenenalter erstmanifestierende hTTP ist eine sehr seltene Diagnose, die differentialdiagnostisch bei atypisch verlaufenden HELLP-Syndromen in Betracht gezogen werden kann.

Beschriebene erfolgreiche Therapieansätze beinhalten die Verabreichung von Plasmainfusionen während der Schwangerschaft. Bei rechtzeitigem Erkennen einer hTTP besteht somit Potential zum erfolgreichen Austragen einer Schwangerschaft und Geburt eines gesunden und reifen Neugeborenen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. November 2021

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