Z Geburtshilfe Neonatol 2021; 225(S 01): e43
DOI: 10.1055/s-0041-1739801
Abstracts | DGPM

Agomelatin zur Behandlung depressiver Episoden – erste Erfahrungen in der Schwangerschaft

W Paulus
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Ulm, Deutschland
,
A Polasik
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Ulm, Deutschland
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Fragestellung Bei Agomelatin handelt es sich um ein metabolisch stabiles Analogon des Melatonins mit hoher Affinität zu den Melatonin-Rezeptoren. Der Wirkstoff wurde 2009 in Deutschland zur Behandlung depressiver Episoden bei Erwachsenen zugelassen. Allerdings liegen bislang weder detaillierte reproduktionstoxikologische Angaben aus Tierversuchen noch publizierte Daten zum Einsatz in der menschlichen Gravidität vor.

Methoden Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem nationalen Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2009 und 2029 57 Schwangerschaften dokumentiert, die unter Anwendung von Agomelatin (orale Tagesdosis zwischen 25 und 50 mg) eingetreten waren. Die Kontaktaufnahme mit unserem Zentrum erfolgte nach Feststellung der überwiegend ungeplanten Schwangerschaften.

Ergebnisse Fünf Patientinnen entschieden sich angesichts der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch. In sechs Fällen trat ein Spontanabort vor der 12.SSW ein. 46 Schwangerschaften wurden bis zur Geburt fortgeführt, wobei man die Medikation mit Agomelatin in elf Fällen bis zur Geburt beibehielt. Neben 42 gesunden Neugeborenen wurden vier Kinder mit kongenitalen Anomalien registriert (Doppelniere links, Hydronephrose, Syndaktylie an beiden Füßen, Muskelhypotonie). Es handelt sich weder um schwere Fehlbildungen noch um ein homogenes Muster von Auffälligkeiten. Das Geburtsgewicht der 28 Jungen und 18 Mädchen lag zwischen 2.050 g und 4.125 g (Median: 3.240 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 34/2 und SSW 41/5 (Median: SSW 39/1).

Schlussfolgerung Diese ersten Daten zum Einsatz von Agomelatin in der Schwangerschaft lassen kein hohes teratogenes Potential des Wirkstoffes erkennen, doch sollte die Anwendung angesichts der begrenzten Datenlage in der Schwangerschaft möglichst unterbleiben. Bei Eintritt einer Schwangerschaft unter Agomelatin ist eine sonographische Feindiagnostik zu empfehlen. Wird eine Schwangerschaft unter Therapie mit Agomelatin festgestellt, sollte umgehend ein Pharmakovigilanzzentrum mit Melderegister kontaktiert werden, um die Basis für eine Risikobewertung in der Schwangerschaft zu verbessern.



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Article published online:
26 November 2021

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