Gesundheitswesen 2021; 83(08/09): 712
DOI: 10.1055/s-0041-1732159
Donnerstag 23.09.2021
Vorträge

In der Sprache vereint? Analysen zum Differential Item Functioning in Abhängigkeit von ost- vs. westdeutscher Sozialisation am Beispiel der Erfassung ressourcenorientierter Konstrukte

H Mühlan
1   Lehrstuhl Gesundheit & Prävention, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
,
S Hahm
1   Lehrstuhl Gesundheit & Prävention, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
,
L Altweck
1   Lehrstuhl Gesundheit & Prävention, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
,
E Brähler
2   Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
,
S Schmidt
1   Lehrstuhl Gesundheit & Prävention, Universität Greifswald, Greifswald, Deutschland
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Einleitung West- und Ostdeutschland wirken als kulturell prägende Sozialisationsinstanzen nicht nur differentiell auf die psychische Gesundheit sondern – trotz gemeinsamer Sprache – potentiell auch auf ein differentielles Begriffsverständnis i.S. abweichender mental-sprachlicher Repräsentationen. Dies lässt im Kontext der Erfassung selbstberichteter gesundheitsrelevanter psychologischer Konstrukte untersuchen.

Methoden Zur Aufdeckung potenziell kulturell geprägter Unterschiede werden hypothesengeleitete Analysen zum Differential Item Functioning (DIF) durchgeführt. Neben der Gruppenvariable (Sozialisation Ost/West) soll eine vergleichende Analyse der Sozialisationsdauer vor Wiedervereinigung und des zeitlichen Abstands der Messung nach der Wiedervereinigung die Attribution von DIF-Effekten auf differentielle Sozialisationsbedingungen absichern. Die Analysen werden auf Basis mehrerer deutschlandweiter Repräsentativbefragungen aus den 1990er- und 2000er-Jahren durchgeführt (jeweils n=ca. 2.500). Zielvariablen sind jeweils unidimensional extrahierte Itempools ressourcenorientierter Konstrukte (z.B. Kohärenzerleben).

Ergebnisse Die Ergebnisse der Analysen werden auf der Tagung vorgestellt. Es wird angenommen, dass Items mit ausgewählten Begriffen (z.B. „Zukunft“) tendenziell eher DIF zeigen und das DIF-Ausmaß (Pseudo-R2-Differenz) in positivem Zusammenhang mit längerer Sozialisation im geteilten Deutschland und in negativem Zusammenhang mit zunehmenden zeitlichen Abstand der Messung nach der Wiedervereinigung steht.

Fazit DIF-Analysen lassen sich nicht nur zur explorativen Äquivalenztestung bzw. „Bias Detection“ bei (interkulturellen) Instrumentenvalidierungen einsetzen, sondern auch zur hypothesengeleiteten “impliziten“ Testung kultureller Einflüsse.



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Article published online:
02 September 2021

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