Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e54-e55
DOI: 10.1055/s-0041-1730839
Abstracts
MGFG

Prädiktion einer Early Onset Neonatalen Sepsis (EONS) nach Frühem Vorzeitigem Blasensprung (PPROM) mittels Herzfrequenzanalyse

J Zöllkau
1   Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
,
A Schmidt
2   Biomagnetisches Zentrum, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
,
D Hoyer
2   Biomagnetisches Zentrum, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
,
U Schneider
1   Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
,
E Schleußner
1   Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
› Author Affiliations
 

Fragestellung Die Inzidenz einer frühen Neugeborenensepsis (early onset neonatal sepsis - EONS) nach frühem vorzeitigem Blasensprung (preterm premature rupture of membranes - PPROM) beträgt 14-22% [1],[2]. Die Diagnostik und Prädiktion inflammatorischer und infektiöser Komplikationen stellt eine klinische Herausforderung dar. Die Analyse der kindlichen Herzfrequenzvariabilität (HRV) könnte hierbei eine ergänzende, nicht invasive Überwachungsmodalität darstellen [3],[4]. An CTG-Aufzeichnungen nach PPROM soll das prädiktive Potential modellbasierter HRV-Auswertung als Machbarkeitsanalyse beurteilt werden.

Methodik und Ergebnisse 32 Schwangerschaften nach PPROM zwischen 22+0 und 34+0 SSW (EONS n=4, noEONS n=28) erhielten ein longitudinales CTG-Monitoring. Es resultierten 759 elektronische Aufzeichnungen (Abtastrate der Herzfrequenz 4 Hz). Nach Anwendung klinischer und technischer Ausschlusskriterien (Wehentätigkeit, Geburts-CTG, loss of follow up, Herzfrequenz nicht reaktiv, Signalverlust >20%), visueller Zustandsklassifikation und Artefaktkorrektur konnten 619 CTG-Aufzeichnungen einbezogen werden, um 131 HRV-Parameter in logistischen Regressionsmodellen prädiktiv zu testen. Der Betrachtungszeitraum wurde auf Tag -7 bis -1 vor Entbindung (218 CTGs, 42 EONS, 172 noEONS) und die Parameterzahl um stark redundante Merkmale reduziert (partielle Korrelation r>0.9, Parameterzahl 47).

Unter Anwendung eines komplexen, rekursiven Verfahrens zur Parametervalidierung blieben im Prädiktionsmodell die 4 folgenden HRV-Merkmale: Accelerationscapacity mit S=1.25sec und T=1.25sec (quantifiziert Schwankungsbreite), Skewness (quantifiziert De- und Akzelerationen), Sampleentropie (quantifiziert Komplexität) und mittlere basale Herzfrequenz als prädiktive Faktoren enthalten. Der kreuzvalidierte AUC-Wert des Modells beträgt 73.27 +/- 12.1% (Sens: 58.54 +/- 21.24%, Spez: 72.90 +/- 10.16%, PPV: 35.39 +/- 15.53%). Bei Anwendung des Prädiktionsmodells auf die Tagesspanne -15 bis 0 Tage vor der Geburt (359 CTGs, 74 EONS, 285 noEONS) ergab sich eine AUC von 77.0 +/- 6% (Sens:68.92%, Spez: 69.82%, PPV: 37.23%).

Schlussfolgerung Die im Modell enthaltenen HRV-Parameter stellen etablierte Entwicklungsmarker des fetalen autonomen Nervensystems dar, sind jedoch der konventionellen visuellen oder computerisierten CTG-Auswertung (Dawes-Redman-Analyse) nicht zugänglich.

Die automatisierte Auswertung und modellbasierte Integration von HRV-Merkmalen stellt prinzipiell einen vielversprechenden Ansatz zur Ergänzung multimodaler klinischer fetaler Überwachung nach PPROM und der Prädiktion einer konsekutiven EONS dar. Sie ist mit in der klinischen Routine digital aufgezeichneten CTGs möglich. Die Evaluation, Validierung und Weiterentwicklung des Modells werden angestrebt.



Publication History

Article published online:
01 June 2021

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