Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e37
DOI: 10.1055/s-0041-1730784
Abstracts
MGFG

Dürfen oder sollen Frauenärzt:innen Patientinnen mit Endometriose nach sexuellen und häuslichen Gewalterfahrungen befragen?

J Veta Darkovski
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, Dresden, Deutschland
,
N Grübling
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, Dresden, Deutschland
,
F Mickan
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, Dresden, Deutschland
,
P Wimberger
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, Dresden, Deutschland
,
M Goeckenjan
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus, Dresden, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Endometriose ist eine chronische gynäkologische Erkrankung, deren Ätiologie bislang noch nicht geklärt ist. Verschiedene Risikofaktoren sind mit dem Auftreten von Endometriose assoziiert. Der Zusammenhang zwischen Endometriose und erlebten Gewalterfahrung wird diskutiert. Aktuelle Studien weisen auf ein höheres Risiko für Endometriose nach körperlichen und sexuellen Gewalterfahrungen besonders in der Kindheit hin.

Methoden In einer Befragungsstudie an Patientinnen des universitären Endometriosezentrums am Universitätsklinikum in Dresden werden Symptome der Endometriose, frühere Gewalterfahrungen sowie Haltung und Einstellung zur Befragung nach Gewalterfahrung erhoben. Nach Vorliegen eines zustimmenden Ethikvotums konnten bislang als Zwischenanalyse 71 vollständige Fragebögen der digitalen Befragung ausgewertet werden. Die teilnehmenden Frauen waren durchschnittlich 38,2±6,3 (23-54) Jahre alt. Die Diagnose der Endometriose wurde vor 6,5+/-4,8 (2-22) Jahren im Alter von 21,8±9,2 (12–47) Jahren gestellt.

Ergebnisse 27 Patientinnen (38,0%) gaben an, körperliche und/oder sexuelle Gewalt bzw. deren Androhungen erlebt zu haben, davon 15 (55,6%) vor dem 14 Lebensjahr und 24 (88,9%) mehrfach. 22 der 71 Frauen (30,9%) beschrieben körperliche Gewalt/-androhungen und 13 (18,3%) sexuelle Gewalt/-androhungen. Im ersten Vergleich der Daten von Frauen mit und ohne Gewalterfahrungen zeigen sich signifikante Unterschiede zur sozialen Situation und Intensität der Schmerzen in den letzten 3 Monaten.

46/68 (67,7%) der Frauen bestätigten: „Ich finde es wichtig, dass Frauenärzt:innen zu Gewalterfahrungen fragen“. Ein Unterschied bei Frauen mit und ohne Gewalterfahrungen fand sich nicht (p=0,697). „Dass Frauen mit Endometriose von Frauenärzt:innen zu Gewalterfahrungen befragt werden“ bejahten 69,1%, auch hier ohne signifikante Unterschiede in den Gruppen (p=0,337)

Diskussion Die ersten Ergebnisse der Befragungsstudie weisen deutlich darauf hin, dass Frauen mit Endometriose häufig körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren haben. Unabhängig von ihren eigenen Erfahrungen gibt die Mehrheit der Frauen mit Endometriose an, dass sie eine Frage zu Gewalterfahrungen im Rahmen der medizinischen Betreuung bei Frauenärzt:innen als wichtig ansehen.



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Article published online:
01 June 2021

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