Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e35
DOI: 10.1055/s-0041-1730778
Abstracts
MGFG

Einfluss von professionell angeleitetem Beckenbodentraining auf die Sexual- und Beckenbodenfunktion postpartal. Eine randomisierte, kontrollierte Studie mit 300 Teilnehmerinnen.

S Schütze
1   Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Ulm, Deutschland
,
M Heinloth
1   Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Ulm, Deutschland
,
M Uhde
1   Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Ulm, Deutschland
,
J Schütze
2   Ernst - Abbe - Hochschule Jena, Deutschland
,
W Janni
1   Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Ulm, Deutschland
,
M Deniz
1   Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Ulm, Deutschland
› Author Affiliations
 

Ziel Schwangerschaft und Geburt sind physiologische Prozesse, gehen jedoch oft mit Beckenbodenbeschwerden wie Harn-, Stuhlinkontinenz oder einer Veränderung des Sexuallebens einher. Es war Ziel dieser Studie, den Einfluss von zusätzlichem, professionellen Beckenbodentraining auf die postpartale Beckenboden- und Sexualfunktion von Erstgebärenden zu untersuchen.

Materialien/Methoden Bei dieser Studie handelt es sich um eine randomisierte, kontrollierte, prospektive Studie mit 300 Erstgebärenden, die zwischen 2018 und 2019 entbunden haben. Einschlusskriterien waren die Entbindung des ersten Kindes sowie die Fähigkeit deutsch fließend zu sprechen, zu verstehen. Die Teilnehmerinnen wurden postpartal in die Studie eingeschlossen und nach 6 sowie 12 Monaten postpartal untersucht und erhielten zu beiden Zeitpunkten zwei Fragebögen. Die klinische Untersuchung umfasste eine Spekulumeinstellung zur Beurteilung eines möglichen Deszensus genitalis und der Beckenbodenkontraktionskraft anhand des Oxford Score. Die Fragebögen umfassten den „Female Sexual Function Index“ und den „Beckenboden-Fragebogen für schwangere Frauen und Frauen nach der Geburt“. Nach 6 Monaten wurden die Frauen in zwei Gruppen randomisiert. Im Vergleich zur Kontrollgruppe nahm die Interventionsgruppen über 6 Wochen einmal wöchentlich, unter Anleitung einer zertifizierten Physiotherapeutin, am zusätzlichen Beckenbodentraining teil. Der Lost to follow-up betrug nach 6 Monaten 100, nach 12 Monaten 136 Teilnehmerinnen. Diese Studie wurde von der Ethikkommission genehmigt.

Ergebnisse Die Ergebnisse der Fragebögen zeigten nach 12 Monaten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Sexual- und Beckenbodenfunktion zwischen den Gruppen (FSFI p = 0.465; Beckenbodenfragebogen p = 0.766). Nach 12 Monaten konnte in der Interventionsgruppe eine signifikant stärkere Beckenbodenkontraktionskraft festgestellt werden (p = 0.001; Kontrollgruppe p = 0.111). Die Entwicklung der Beckenboden- und Sexualfunktion im Zeitverlauf zeigte in beiden Gruppen in fast allen Bereichen eine signifikante Verbesserung (FSFI: Interventionsgruppen p = 0.001, Kontrollgruppe p = 0.000).

Diskussion Das zusätzliche Beckenbodentraining nach 6 Monaten verbesserte die Beckenbodenkontraktionskraft, jedoch nicht die Beckenboden- bzw. Sexualfunktion im Vergleich zur Kontrollgruppe. Gegebenenfalls wäre zum Nachweis eines signifikanten Unterschiedes ein größeres Kollektiv und eine längere Nachbeobachtungszeit nötig. Zudem könnte es sein, dass alle Teilnehmerinnen sehr motiviert waren und auch ihr selbstständiges Beckenbodentraining regelmäßig absolvierten. Daher kann keine klare Aussage über den Nutzen von zusätzlichem Beckenbodentraining nach 6 Monaten gemacht werden. Jedoch ist deutlich hervorzuheben, dass sich eine signifikante Verbesserung der Beckenboden- und Sexualfunktion in beiden Gruppen im zeitlichen Verlauf nach 12 Monaten aufzeigen ließ. Dies unterstreicht die Bedeutung der notwendigen Regenerationszeit nach Entbindung.



Publication History

Article published online:
01 June 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany